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Text File  |  1998-03-14  |  113KB  |  2,150 lines

  1. Das Evangelium nach Johannes.
  2.  
  3. \1\
  4. Das ewige Wort.
  5.  
  6. $1$ Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das
  7. Wort war Gott. $2$ Dieses war im Anfang bei Gott. $3$ Alles
  8. wurde durch dasselbe, und ohne dasselbe wurde auch nicht eines,
  9. das geworden ist.
  10.  
  11. $4$ In ihm war Leben, und das Leben war das Licht der
  12. Menschen. $5$ Und das Licht scheint in der Finsternis, und die
  13. Finsternis hat es nicht erfaβt.
  14.  
  15. \1\
  16. Die Fleischwerdung des Wortes.
  17.  
  18. $6$ Da war ein Mensch, von Gott gesandt, sein Name Johannes.
  19. $7$ Dieser kam zum Zeugnis, daβ er zeugte von dem Licht, damit
  20. alle durch ihn glaubten. $8$ Er war nicht das Licht, sondern
  21. [er kam,] daβ er zeugte von dem Licht. $9$ Das war das
  22. wahrhaftige Licht, das, in die Welt kommend, jeden Menschen
  23. erleuchtet. $10$ Er war in der Welt, und die Welt wurde durch
  24. ihn, und die Welt kannte ihn nicht. $11$ Er kam in das Seine,
  25. und die Seinen nahmen ihn nicht an; $12$ so viele ihn aber
  26. aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden,
  27. denen, die an seinen Namen glauben; $13$ die nicht aus Geblüt,
  28. noch aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des
  29. Mannes, sondern aus Gott geboren sind.
  30.  
  31. $14$ Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir
  32. haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines
  33. Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. - $15$
  34. Johannes zeugt von ihm und rief und sprach: Dieser war es, von
  35. dem ich sagte: Der nach mir kommt, ist vor mir, denn er war eher
  36. als ich. - $16$ Denn aus seiner Füllehaben wir alle empfangen,
  37. und [zwar] Gnade um Gnade. $17$ Denn das Gesetz wurde durch
  38. Mose gegeben; die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus
  39. Christus geworden. $18$ Niemand hat Gott jemals gesehen; der
  40. eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoβ ist, der hat [ihn]
  41. kundgemacht.
  42.  
  43. \1\
  44. Des Täufers Zeugnis über sich.
  45. #
  46. vgl. Mt 3,1-12; Mk 1,1-8; Lk 3,1-18.
  47. #
  48. $19$ Und dies ist das Zeugnis des Johannes, als die Juden aus
  49. Jerusalem Priester und Leviten sandten, damit sie ihn fragen
  50. sollten: Wer bist du? $20$ Und er bekannte und leugnete nicht,
  51. und er bekannte: Ich bin nicht der Christus. $21$ Und sie
  52. fragten ihn: Was denn? Bist du Elia? Und er sagt: Ich bin}s
  53. nicht. Bist du der Prophet? Und er antwortete: Nein. $22$ Sie
  54. sprachen nun zu ihm: Wer bist du? Damit wir Antwort geben denen,
  55. die uns gesandt haben. Was sagst du von dir selbst? $23$ Er
  56. sprach: Ich bin die `Stimme eines Rufenden in der Wüste: Macht
  57. gerade den Weg des Herrn, wie Jesaja, der Prophet, gesagt hat.
  58. $24$ Und sie waren abgesandt von den Pharisäern. $25$ Und
  59. sie fragten ihn und sprachen zu ihm: Was taufst du denn, wenn du
  60. nicht der Christus bist, noch Elia, noch der Prophet? $26$
  61. Johannes antwortete ihnen und sprach: Ich taufe mit Wasser;
  62. mitten unter euch steht, den ihr nicht kennt, $27$ der nach
  63. mir kommt, und ich bin nicht würdig, ihm den Riemen seiner
  64. Sandale zu lösen. $28$ Dies geschah zu Bethanien, jenseits des
  65. Jordan, wo Johannes taufte.
  66.  
  67. \1\
  68. Des Täufers Zeugnis über Jesus.
  69. #
  70. vgl. Mt 3,13-17; Mk 1,9-11; Lk 3,21.22.
  71. #
  72. $29$ Am folgenden Tag sieht er Jesus zu sich kommen und
  73. spricht: Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt
  74. wegnimmt. $30$ Dieser ist es, von dem ich sagte: Nach mir
  75. kommt ein Mann, der vor mir ist, denn er war eher als ich.
  76. $31$ Und ich kannte ihn nicht; aber damit er Israel offenbar
  77. werde, deswegen bin ich gekommen, mit Wasser zu taufen. $32$
  78. Und Johannes bezeugte und sprach: Ich schaute den Geist wie eine
  79. Taube aus dem Himmel herabfahren, und er blieb auf ihm. $33$
  80. Und ich kannte ihn nicht; aber der mich gesandt hat, mit Wasser
  81. zu taufen, der sprach zu mir: Auf welchen du sehen wirst den
  82. Geist herabfahren und auf ihm bleiben, dieser ist es, der mit
  83. Heiligem Geist tauft. $34$ Und ich habe gesehen und habe
  84. bezeugt, daβ dieser der Sohn Gottes ist.
  85.  
  86. \1\
  87. Die ersten Jünger.
  88.  
  89. $35$ Am folgenden Tag stand Johannes wieder da und zwei von
  90. seinen Jüngern; $36$ und hinblickend auf Jesus, der umherging,
  91. spricht er: Siehe, das Lamm Gottes! $37$ Und es hörten ihn die
  92. zwei Jünger reden und folgten Jesus nach. $38$ Jesus aber
  93. wandte sich um und sah sie nachfolgen und spricht zu ihnen: Was
  94. sucht ihr? Sie aber sagten zu ihm: Rabbi - was übersetzt heiβt:
  95. Lehrer -, wo hältst du dich auf? $39$ Er spricht zu ihnen:
  96. Kommt, und ihr werdet sehen! Sie kamen nun und sahen, wo er sich
  97. aufhielt, und blieben jenen Tag bei ihm. Es war um die zehnte
  98. Stunde. $40$ Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer
  99. von den zweien, die es von Johannes gehört hatten und ihm
  100. nachgefolgt waren. $41$ Dieser findet zuerst seinen eigenen
  101. Bruder Simon und spricht zu ihm: Wir haben den Messias gefunden
  102. - was übersetzt ist: Christus. $42$ Und er führte ihn zu
  103. Jesus. Jesus blickte ihn an und sprach: Du bist Simon, der Sohn
  104. des Johannes; du wirst Kephas heiβen - was übersetzt wird:
  105. Stein.
  106.  
  107. $43$ Am folgenden Tag wollte er nach Galiläa aufbrechen, und
  108. er findet Philippus; und Jesus spricht zu ihm: Folge mir nach!
  109. $44$ Philippus aber war von Bethsaida, aus der Stadt des
  110. Andreas und Petrus. $45$ Philippus findet den Nathanael und
  111. spricht zu ihm: Wir haben den gefunden, von dem Mose in dem
  112. Gesetz geschrieben und die Propheten, Jesus, den Sohn des
  113. Joseph, von Nazareth. $46$ Und Nathanael sprach zu ihm: Kann
  114. aus Nazareth etwas Gutes kommen? Philippus spricht zu ihm: Komm
  115. und sieh! $47$ Jesus sah den Nathanael zu sich kommen und
  116. spricht von ihm: Siehe, wahrhaftig ein Israelit, in dem kein
  117. Trug ist. $48$ Nathanael spricht zu ihm: Woher kennst du mich?
  118. Jesus antwortete und sprach zu ihm: Ehe Philippus dich rief, als
  119. du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich. $49$ Nathanael
  120. antwortete und sprach: Rabbi, du bist der Sohn Gottes, du bist
  121. der König Israels. $50$ Jesus antwortete und sprach zu ihm:
  122. Weil ich dir sagte: Ich sah dich unter dem Feigenbaum, glaubst
  123. du? Du wirst Gröβeres als dies sehen. $51$ Und er spricht zu
  124. ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet den Himmel
  125. geöffnet sehen und die Engel Gottes auf- und niedersteigen auf
  126. den Sohn des Menschen.
  127.  
  128. \2\
  129. Hochzeit zu Kana.
  130.  
  131. $1$ Und am dritten Tag war eine Hochzeit zu Kana in Galiläa;
  132. und die Mutter Jesu war dort. $2$ Es war aber auch Jesus mit
  133. seinen Jüngern zu der Hochzeit geladen. $3$ Und als es an Wein
  134. mangelte, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein.
  135. $4$ Jesus spricht zu ihr: Was habe ich mit dir zu schaffen,
  136. Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. $5$ Seine Mutter
  137. spricht zu den Dienern: Was er euch sagen mag, tut. $6$ Es
  138. waren aber sechs steinerne Wasserkrüge dort aufgestellt, nach
  139. der Reinigungssitte der Juden, wovon jeder zwei oder drei Maβ
  140. faβte. $7$ Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit
  141. Wasser! Und sie füllten sie bis oben an. $8$ Und er spricht zu
  142. ihnen: Schöpft nun und bringt es dem Speisemeister! Und sie
  143. brachten es. $9$ Als aber der Speisemeister das Wasser
  144. gekostet hatte, das Wein geworden war - und er wuβte nicht,
  145. woher er war, die Diener aber, die das Wasser geschöpft hatten,
  146. wuβten es -, ruft der Speisemeister den Bräutigam $10$ und
  147. spricht zu ihm: Jeder Mensch setzt zuerst den guten Wein vor,
  148. und wenn sie betrunken geworden sind, dann den geringeren; du
  149. hast den guten Wein bis jetzt aufbewahrt. $11$ Diesen Anfang
  150. der Zeichen machte Jesus zu Kana in Galiläa und offenbarte seine
  151. Herrlichkeit; und seine Jünger glaubten an ihn.
  152.  
  153. $12$ Danach ging er hinab nach Kapernaum, er und seine Mutter
  154. und seine Brüder und seine Jünger; und dort blieben sie nicht
  155. viele Tage.
  156.  
  157. \2\
  158. Tempelreinigung.
  159. #
  160. vgl. Mt 21,12-17; Mk 11,15-19; Lk 19,45-48.
  161. #
  162. $13$ Und das Passah der Juden war nahe, und Jesus ging hinauf
  163. nach Jerusalem. $14$ Und er fand im Tempel die Ochsen- und
  164. Schaf- und Taubenverkäufer und die Wechsler sitzen. $15$ Und
  165. er machte eine Geiβel aus Stricken und trieb sie alle zum Tempel
  166. hinaus, auch die Schafe und die Ochsen; und die Münzen der
  167. Wechsler schüttete er aus, und die Tische warf er um; $16$ und
  168. zu den Taubenverkäufern sprach er: Nehmt dies weg von hier,
  169. macht nicht das Haus meines Vaters zu einem Kaufhaus! $17$
  170. Seine Jünger gedachten daran, daβ geschrieben steht: `Der Eifer
  171. um dein Haus verzehrt mich. $18$ Die Juden nun antworteten und
  172. sprachen zu ihm: Was für ein Zeichen [der Vollmacht] zeigst du
  173. uns, daβ du dies tust? $19$ Jesus antwortete und sprach zu
  174. ihnen: Brecht diesen Tempel ab, und in drei Tagen werde ich ihn
  175. aufrichten. $20$ Da sprachen die Juden: Sechsundvierzig Jahre
  176. ist an diesem Tempel gebaut worden, und du willst ihn in drei
  177. Tagen aufrichten? $21$ Er aber sprach von dem Tempel seines
  178. Leibes. $22$ Als er nun aus den Toten auferweckt war,
  179. gedachten seine Jünger daran, daβ er dies gesagt hatte, und sie
  180. glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesprochen hatte.
  181.  
  182. $23$ Als er aber zu Jerusalem war, am Passah, auf dem Fest,
  183. glaubten viele an seinen Namen, als sie seine Zeichen sahen, die
  184. er tat. $24$ Jesus selbst aber vertraute sich ihnen nicht an,
  185. weil er alle kannte $25$ und nicht nötig hatte, daβ jemand
  186. Zeugnis gebe von dem Menschen; denn er selbst wuβte, was in dem
  187. Menschen war.
  188.  
  189. \3\
  190. Gespräch mit Nikodemus.
  191.  
  192. $1$ Es war aber ein Mensch aus den Pharisäern mit Namen
  193. Nikodemus, ein Oberster der Juden. $2$ Dieser kam zu ihm bei
  194. Nacht und sprach zu ihm: Rabbi, wir wissen, daβ du ein Lehrer
  195. bist, von Gott gekommen, denn niemand kann diese Zeichen tun,
  196. die du tust, es sei denn Gott mit ihm. $3$ Jesus antwortete
  197. und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand
  198. nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht
  199. sehen. $4$ Nikodemus spricht zu ihm: Wie kann ein Mensch
  200. geboren werden, wenn er alt ist? Kann er etwa zum zweiten Mal in
  201. den Leib seiner Mutter eingehen und geboren werden? $5$ Jesus
  202. antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht
  203. aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich
  204. Gottes eingehen. $6$ Was aus dem Fleisch geboren ist, ist
  205. Fleisch, und was aus dem Geist geboren ist, ist Geist. $7$
  206. Wundere dich nicht, daβ ich dir sagte: Ihr müβt von neuem
  207. geboren werden. $8$ Der Wind weht, wo er will, und du hörst
  208. sein Sausen, aber du weiβt nicht, woher er kommt und wohin er
  209. geht; so ist jeder, der aus dem Geist geboren ist. $9$
  210. Nikodemus antwortete und sprach zu ihm: Wie kann dies geschehen?
  211. $10$ Jesus antwortete und sprach zu ihm: Du bist der Lehrer
  212. Israels und weiβt das nicht? $11$ Wahrlich, wahrlich, ich sage
  213. dir: Wir reden, was wir wissen, und bezeugen, was wir gesehen
  214. haben, und unser Zeugnis nehmt ihr nicht an. $12$ Wenn ich
  215. euch das Irdische gesagt habe, und ihr glaubt nicht, wie werdet
  216. ihr glauben, wenn ich euch das Himmlische sage? $13$ Und
  217. niemand ist hinaufgestiegen in den Himmel als nur, der aus dem
  218. Himmel herabgestiegen ist, der Sohn des Menschen. $14$ Und wie
  219. Mose in der Wüste die Schlange erhöhte, so muβ der Sohn des
  220. Menschen erhöht werden, $15$ damit jeder, der an ihn glaubt,
  221. ewiges Leben habe. $16$ Denn so hat Gott die Welt geliebt, daβ
  222. er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt,
  223. nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. $17$ Denn Gott
  224. hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, daβ er die Welt
  225. richte, sondern daβ die Welt durch ihn errettet werde. $18$
  226. Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt,
  227. ist schon gerichtet, weil er nicht geglaubt hat an den Namen des
  228. eingeborenen Sohnes Gottes. $19$ Dies aber ist das Gericht,
  229. daβ das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen haben
  230. die Finsternis mehr geliebt als das Licht, denn ihre Werke waren
  231. böse. $20$ Denn jeder, der Arges tut, haβt das Licht und kommt
  232. nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht bloβgestellt werden;
  233. $21$ wer aber die Wahrheit tut, kommt zu dem Licht, damit
  234. seine Werke offenbar werden, daβ sie in Gott gewirkt sind.
  235.  
  236. \3\
  237. Weiteres Zeugnis des Täufers über Jesus.
  238.  
  239. $22$ Danach kamen Jesus und seine Jünger in das Land Judäa,
  240. und dort verweilte er mit ihnen und taufte. $23$ Aber auch
  241. Johannes taufte zu Änon, nahe bei Salim, weil dort viel Wasser
  242. war; und sie kamen hin und wurden getauft. $24$ Denn Johannes
  243. war noch nicht ins Gefängnis geworfen. $25$ Es entstand nun
  244. eine Streitfrage von seiten der Jünger des Johannes mit einem
  245. Juden über die Reinigung. $26$ Und sie kamen zu Johannes und
  246. sprachen zu ihm: Rabbi, der jenseits des Jordan bei dir war, dem
  247. du Zeugnis gegeben hast, siehe, der tauft, und alle kommen zu
  248. ihm. $27$ Johannes antwortete und sprach: Ein Mensch kann
  249. nichts empfangen, es sei ihm denn aus dem Himmel gegeben. $28$
  250. Ihr selbst gebt mir Zeugnis, daβ ich sagte: Ich bin nicht der
  251. Christus, sondern ich bin vor ihm hergesandt. $29$ Der die
  252. Braut hat, ist der Bräutigam; der Freund des Bräutigams aber,
  253. der dasteht und ihn hört, ist hoch erfreut über die Stimme des
  254. Bräutigams; diese meine Freude nun ist erfüllt. $30$ Er muβ
  255. wachsen, ich aber abnehmen. $31$ Der von oben kommt, ist über
  256. allen; der von der Erde ist, ist von der Erde und redet von der
  257. Erde her. Der vom Himmel kommt, ist über allen; $32$ was er
  258. gesehen und gehört hat, das bezeugt er; und sein Zeugnis nimmt
  259. niemand an. $33$ Wer sein Zeugnis angenommen hat, der hat
  260. besiegelt, daβ Gott wahrhaftig ist. $34$ Denn der, den Gott
  261. gesandt hat, redet die Worte Gottes; denn Gott gibt den Geist
  262. nicht nach Maβ. $35$ Der Vater liebt den Sohn und hat alles in
  263. seine Hand gegeben. $36$ Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges
  264. Leben; wer aber dem Sohn nicht gehorcht, wird das Leben nicht
  265. sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm.
  266.  
  267. \4\
  268. Gespräch mit der Samariterin.
  269.  
  270. $1$ Als nun der Herr erkannte, daβ die Pharisäer gehört
  271. hatten, daβ Jesus mehr Jünger mache und taufe als Johannes $2$
  272. - obgleich Jesus selbst nicht taufte, sondern seine Jünger -,
  273. $3$ verlieβ er Judäa und zog wieder nach Galiläa. $4$ Er
  274. muβte aber durch Samaria ziehen. $5$ Er kommt nun in eine
  275. Stadt Samarias, genannt Sychar, nahe bei dem Feld, das Jakob
  276. seinem Sohn Joseph gab. $6$ Es war aber dort eine Quelle
  277. Jakobs. Jesus nun, ermüdet von der Reise, setzte sich ohne
  278. weiteres an die Quelle nieder. Es war um die sechste Stunde.
  279. $7$ Da kommt eine Frau aus Samaria, Wasser zu schöpfen. Jesus
  280. spricht zu ihr: Gib mir zu trinken! $8$ - Denn seine Jünger
  281. waren weggegangen in die Stadt, um Speise zu kaufen. - $9$ Die
  282. samaritische Frau spricht nun zu ihm: Wie bittest du, der du ein
  283. Jude bist, von mir zu trinken, die ich eine samaritische Frau
  284. bin? - Denn die Juden verkehren nicht mit den Samaritern. -
  285. $10$ Jesus antwortete und sprach zu ihr: Wenn du die Gabe
  286. Gottes kennen würdest und wer es ist, der zu dir spricht: Gib
  287. mir zu trinken, so hättest du ihn gebeten, und er hätte dir
  288. lebendiges Wasser gegeben. $11$ Sie spricht zu ihm: Herr, du
  289. hast kein Schöpfgefäβ, und der Brunnen ist tief. Woher hast du
  290. denn das lebendige Wasser? $12$ Du bist doch nicht gröβer als
  291. unser Vater Jakob, der uns den Brunnen gab, und er selbst trank
  292. daraus und seine Söhne und sein Vieh? $13$ Jesus antwortete
  293. und sprach zu ihr: Jeden, der von diesem Wasser trinkt, wird
  294. wieder dürsten; $14$ wer aber von dem Wasser trinken wird, das
  295. ich ihm geben werde, den wird nicht dürsten in Ewigkeit; sondern
  296. das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm eine Quelle
  297. Wassers werden, das ins ewige Leben quillt. $15$ Die Frau
  298. spricht zu ihm: Herr, gib mir dieses Wasser, damit mich nicht
  299. dürste und ich nicht hierher komme, um zu schöpfen. $16$ Jesus
  300. spricht zu ihr: Geh hin, rufe deinen Mann und komm hierher!
  301. $17$ Die Frau antwortete und sprach: Ich habe keinen Mann.
  302. Jesus spricht zu ihr: Du hast recht gesagt: Ich habe keinen
  303. Mann; $18$ denn fünf Männer hast du gehabt, und der, den du
  304. jetzt hast, ist nicht dein Mann; hierin hast du wahr geredet.
  305. $19$ Die Frau spricht zu ihm: Herr, ich sehe, daβ du ein
  306. Prophet bist. $20$ Unsere Väter haben auf diesem Berg
  307. angebetet, und ihr sagt, daβ in Jerusalem der Ort sei, wo man
  308. anbeten müsse. $21$ Jesus spricht zu ihr: Frau, glaube mir, es
  309. kommt die Stunde, da ihr weder auf diesem Berg, noch in
  310. Jerusalem den Vater anbeten werdet. $22$ Ihr betet an, was ihr
  311. nicht kennt; wir beten an, was wir kennen, denn das Heil ist aus
  312. den Juden. $23$ Es kommt aber die Stunde und ist jetzt, da die
  313. wahren Anbeter den Vater in Geist und Wahrheit anbeten werden;
  314. denn auch der Vater sucht solche als seine Anbeter. $24$ Gott
  315. ist Geist, und die ihn anbeten, müssen in Geist und Wahrheit
  316. anbeten. $25$ Die Frau spricht zu ihm: Ich weiβ, daβ der
  317. Messias kommt, der Christus genannt wird; wenn jener kommt, wird
  318. er uns alles verkündigen. $26$ Jesus spricht zu ihr: Ich
  319. bin's, der mit dir redet.
  320.  
  321. \4\
  322. Folgen des Gesprächs mit der Samariterin:
  323. Glaube der Samariter - Vom Erntefeld Gottes
  324.  
  325. $27$ Und darüber kamen seine Jünger und wunderten sich, daβ er mit
  326. einer Frau redete. Dennoch sagte niemand: Was suchst du? oder:
  327. Was redest du mit ihr? $28$ Die Frau nun lieβ ihren Wasserkrug
  328. stehen und ging weg in die Stadt und sagt zu den Leuten: $29$
  329. Kommt, seht einen Menschen, der mir alles gesagt hat, was ich
  330. getan habe; dieser ist doch nicht etwa der Christus? $30$ Sie
  331. gingen zu der Stadt hinaus und kamen zu ihm.
  332.  
  333. $31$ In der Zwischenzeit baten ihn die Jünger und sprachen:
  334. Rabbi, iβ! $32$ Er aber sprach zu ihnen: Ich habe eine Speise
  335. zu essen, die ihr nicht kennt. $33$ Da sprachen die Jünger
  336. zueinander: Hat ihm wohl jemand zu essen gebracht? $34$ Jesus
  337. spricht zu ihnen: Meine Speise ist, daβ ich den Willen dessen
  338. tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe. $35$ Sagt
  339. ihr nicht: Es sind noch vier Monate, und die Ernte kommt? Siehe,
  340. ich sage euch: Hebt eure Augen auf und schaut die Felder an,
  341. denn sie sind schon weiβ zur Ernte. $36$ Der da erntet,
  342. empfängt Lohn und sammelt Frucht zum ewigen Leben, damit beide,
  343. der da sät und der da erntet, sich zugleich freuen. $37$ Denn
  344. hierin ist der Spruch wahr: Ein anderer ist es, der da sät, und
  345. ein anderer, der da erntet. $38$ Ich habe euch gesandt zu
  346. ernten, woran ihr nicht gearbeitet habt; andere haben
  347. gearbeitet, und ihr seid in ihre Arbeit eingetreten.
  348.  
  349. $39$ Aus jener Stadt aber glaubten viele von den Samaritern an
  350. ihn um des Wortes der Frau willen, die bezeugte: Er hat mir
  351. alles gesagt, was ich getan habe. $40$ Als nun die Samariter
  352. zu ihm kamen, baten sie ihn, bei ihnen zu bleiben; und er blieb
  353. dort zwei Tage. $41$ Und noch viel mehr [Leute] glaubten um
  354. seines Wortes willen; $42$ und sie sagten zu der Frau: Wir
  355. glauben nicht mehr um deines Redens willen, denn wir selbst
  356. haben gehört und wissen, daβ dieser wahrhaftig der Heiland der
  357. Welt ist.
  358.  
  359. \4\
  360. Heilung des Sohnes eines königlichen Beamten.
  361. #
  362. vgl. Mt 8,5-13; Lk 7,1-10.
  363. #
  364. $43$ Nach den zwei Tagen aber zog er von dort weg nach
  365. Galiläa; $44$ denn Jesus selbst bezeugte, daβ ein Prophet im
  366. eigenen Vaterland kein Ansehen hat. $45$ Als er nun nach
  367. Galiläa kam, nahmen die Galiläer ihn auf, da sie alles gesehen,
  368. was er in Jerusalem auf dem Fest getan hatte; denn auch sie
  369. kamen zu dem Fest.
  370.  
  371. $46$ Er kam nun wieder nach Kana in Galiläa, wo er das Wasser
  372. zu Wein gemacht hatte. Und es war in Kapernaum ein königlicher
  373. [Beamter], dessen Sohn krank war. $47$ Als dieser gehört
  374. hatte, daβ Jesus aus Judäa nach Galiläa gekommen sei, ging er zu
  375. ihm hin und bat, daβ er herabkomme und seinen Sohn heile; denn
  376. er lag im Sterben. $48$ Jesus sprach nun zu ihm: Wenn ihr
  377. nicht Zeichen und Wunder seht, so werdet ihr nicht glauben.
  378. $49$ Der königliche Beamte spricht zu ihm: Herr, komm herab,
  379. ehe mein Kind stirbt! $50$ Jesus spricht zu ihm: Geh hin, dein
  380. Sohn lebt. Der Mann glaubte dem Wort, das Jesus zu ihm sagte,
  381. und ging hin. $51$ Aber schon während er hinabging, kamen ihm
  382. seine Knechte entgegen und berichteten, daβ sein Knabe lebe.
  383. $52$ Er erforschte nun von ihnen die Stunde, in der es besser
  384. mit ihm geworden sei; und sie sagten zu ihm: Gestern zur siebten
  385. Stunde verlieβ ihn das Fieber. $53$ Da erkannte der Vater, daβ
  386. es in jener Stunde war, in der Jesus zu ihm sagte: Dein Sohn
  387. lebt. Und er glaubte, er und sein ganzes Haus. $54$ Dies tat
  388. Jesus wieder als zweites Zeichen, als er aus Judäa nach Galiläa
  389. gekommen war.
  390.  
  391. \5\
  392. Heilung eines Kranken am Teich Bethesda.
  393.  
  394. $1$ Danach war ein Fest der Juden, und Jesus ging hinauf nach
  395. Jerusalem. $2$ Es ist aber in Jerusalem bei dem Schaftor ein
  396. Teich, der auf hebräisch Bethesda genannt wird, der fünf
  397. Säulenhallen hat. $3$ In diesen lag eine Menge Kranker,
  398. Blinder, Lahmer, Dürrer, die auf die Bewegung des Wassers
  399. warteten. $4$ Denn zu gewissen Zeiten stieg ein Engel in den
  400. Teich herab und bewegte das Wasser. Wer nun nach der Bewegung
  401. des Wassers zuerst hineinstieg, wurde gesund, mit welcher
  402. Krankheit er auch behaftet war. $5$ Es war aber ein Mensch
  403. dort, der achtunddreiβig Jahre mit seiner Krankheit behaftet
  404. war. $6$ Als Jesus diesen daliegen sah und wuβte, daβ es schon
  405. lange Zeit so mit ihm war, spricht er zu ihm: Willst du gesund
  406. werden? $7$ Der Kranke antwortete ihm: Herr, ich habe keinen
  407. Menschen, daβ er mich, wenn das Wasser bewegt worden ist, in den
  408. Teich werfe; während ich aber komme, steigt ein anderer vor mir
  409. hinab. $8$ Jesus spricht zu ihm: Steh auf, nimm dein Bett auf
  410. und geh umher! $9$ Und sofort wurde der Mensch gesund und nahm
  411. sein Bett auf und ging umher. Es war aber an jenem Tag Sabbat.
  412. $10$ Es sagten nun die Juden zu dem Geheilten: Es ist Sabbat,
  413. es ist dir nicht erlaubt, das Bett zu tragen. $11$ Er
  414. antwortete ihnen: Der mich gesund machte, der sagte zu mir: Nimm
  415. dein Bett auf und geh umher. $12$ Sie fragten ihn: Wer ist der
  416. Mensch, der zu dir sagte: Nimm [dein Bett] auf und geh umher?
  417. $13$ Der Geheilte aber wuβte nicht, wer es war; denn Jesus
  418. hatte sich entfernt, weil eine Volksmenge an dem Ort war. $14$
  419. Danach findet Jesus ihn im Tempel, und er sprach zu ihm: Siehe,
  420. du bist gesund geworden; sündige nicht mehr, damit dir nichts
  421. Ärgeres widerfahre. $15$ Der Mensch ging hin und verkündete
  422. den Juden, daβ es Jesus war, der ihn gesund gemacht habe. $16$
  423. Und darum verfolgten die Juden Jesus, weil er dies am Sabbat
  424. getan hatte.
  425.  
  426. \5\
  427. Jesus verteidigt sein Tun, indem er seine Gottessohnschaft
  428. bezeugt.
  429.  
  430. $17$ Er aber antwortete ihnen: Mein Vater wirkt bis jetzt, und
  431. ich wirke. $18$ Darum nun suchten die Juden noch mehr, ihn zu
  432. töten, weil er nicht allein den Sabbat aufhob, sondern auch Gott
  433. seinen eigenen Vater nannte und sich so selbst Gott gleich
  434. machte. $19$ Da antwortete Jesus und sprach zu ihnen:
  435. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Der Sohn kann nichts von sich
  436. selbst tun, auβer was er den Vater tun sieht; denn was der tut,
  437. das tut ebenso auch der Sohn. $20$ Denn der Vater hat den Sohn
  438. lieb und zeigt ihm alles, was er selbst tut; und er wird ihm
  439. gröβere Werke als diese zeigen, damit ihr euch wundert. $21$
  440. Denn wie der Vater die Toten auferweckt und lebendig macht, so
  441. macht auch der Sohn lebendig, welche er will. $22$ Denn der
  442. Vater richtet auch niemand, sondern das ganze Gericht hat er dem
  443. Sohn gegeben, $23$ damit alle den Sohn ehren, wie sie den
  444. Vater ehren. Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt den Vater nicht, der
  445. ihn gesandt hat. $24$ Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer
  446. mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, [der] hat
  447. ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem
  448. Tod in das Leben übergegangen. $25$ Wahrlich, wahrlich, ich
  449. sage euch, daβ die Stunde kommt und jetzt da ist, wo die Toten
  450. die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und die sie gehört
  451. haben, werden leben. $26$ Denn wie der Vater Leben in sich
  452. selbst hat, so hat er auch dem Sohn gegeben, Leben zu haben in
  453. sich selbst; $27$ und er hat ihm Vollmacht gegeben, Gericht zu
  454. halten, weil er des Menschen Sohn ist. $28$ Wundert euch
  455. darüber nicht, denn es kommt die Stunde, in der alle, die in den
  456. Gräbern sind, seine Stimme hören $29$ und hervorkommen werden:
  457. die das Gute getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber
  458. das Böse verübt haben, zur Auferstehung des Gerichts.
  459.  
  460. \5\
  461. Jesus nennt die Zeugen seiner Gottessohnschaft.
  462.  
  463. $30$ Ich kann nichts von mir selbst tun; so wie ich höre,
  464. richte ich, und mein Gericht ist gerecht, denn ich suche nicht
  465. meinen Willen, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat.
  466. $31$ Wenn ich von mir selbst zeuge, so ist mein Zeugnis nicht
  467. wahr. $32$ Ein anderer ist es, der von mir zeugt, und ich
  468. weiβ, daβ das Zeugnis wahr ist, das er von mir zeugt. $33$ Ihr
  469. habt zu Johannes gesandt, und er hat der Wahrheit Zeugnis
  470. gegeben. $34$ Ich aber nehme nicht Zeugnis von einem Menschen
  471. an, sondern dies sage ich, damit ihr errettet werdet. $35$
  472. Jener war die brennende und scheinende Lampe; ihr aber wolltet
  473. für eine Zeit in seinem Licht fröhlich sein. $36$ Ich aber
  474. habe das Zeugnis, das gröβer ist als das des Johannes; denn die
  475. Werke, die der Vater mir gegeben hat, daβ ich sie vollbringe,
  476. die Werke selbst, die ich tue, zeugen von mir, daβ der Vater
  477. mich gesandt hat. $37$ Und der Vater, der mich gesandt hat, er
  478. selbst hat Zeugnis von mir gegeben. Ihr habt weder jemals seine
  479. Stimme gehört, noch seine Gestalt gesehen, $38$ und sein Wort
  480. habt ihr nicht bleibend in euch; denn dem, den er gesandt hat,
  481. dem glaubt ihr nicht. $39$ Ihr erforscht die Schriften, denn
  482. ihr meint, in ihnen ewiges Leben zu haben, und sie sind es, die
  483. von mir zeugen; $40$ und ihr wollt nicht zu mir kommen, damit
  484. ihr Leben habt. $41$ Ich nehme nicht Ehre von Menschen; $42$
  485. sondern ich kenne euch, daβ ihr die Liebe Gottes nicht in euch
  486. habt. $43$ Ich bin in dem Namen meines Vaters gekommen, und
  487. ihr nehmt mich nicht auf; wenn ein anderer in seinem eigenen
  488. Namen kommt, den werdet ihr aufnehmen. $44$ Wie könnt ihr
  489. glauben, die ihr Ehre voneinander nehmt und die Ehre, die von
  490. dem alleinigen Gott ist, nicht sucht? $45$ Meint nicht, daβ
  491. ich euch bei dem Vater verklagen werde; da ist [einer], der euch
  492. verklagt, Mose, auf den ihr eure Hoffnung gesetzt habt. $46$
  493. Denn wenn ihr Mose glaubtet, so würdet ihr mir glauben, denn er
  494. hat von mir geschrieben. $47$ Wenn ihr aber seinen Schriften
  495. nicht glaubt, wie werdet ihr meinen Worten glauben?
  496.  
  497. \6\
  498. Speisung der Fünftausend.
  499. #
  500. Mt 14,13-21; Mk 6,30-44; Lk 9,10-17; vgl. Mt 15,32-39; Mk 8,1-9.
  501. #
  502. $1$ Danach ging Jesus weg auf die andere Seite des Sees von
  503. Galiläa [oder] von Tiberias; $2$ und es folgte ihm eine groβe
  504. Volksmenge, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken
  505. tat. $3$ Jesus aber ging hinauf auf den Berg und setzte sich
  506. dort mit seinen Jüngern. $4$ Es war aber das Passah nahe, das
  507. Fest der Juden. $5$ Als nun Jesus die Augen aufhob und sah,
  508. daβ eine groβe Volksmenge zu ihm kommt, spricht er zu Philippus:
  509. Woher sollen wir Brote kaufen, daβ diese essen? $6$ Dies sagte
  510. er aber, um ihn zu prüfen; denn er selbst wuβte, was er tun
  511. wollte. $7$ Philippus antwortete ihm: Für zweihundert Denare
  512. Brote reichen nicht für sie hin, daβ jeder [auch nur] ein wenig
  513. bekomme. $8$ Einer von seinen Jüngern, Andreas, der Bruder des
  514. Simon Petrus, spricht zu ihm: $9$ Es ist ein kleiner Knabe
  515. hier, der fünf Gerstenbrote und zwei Fische hat. Aber was ist
  516. dies unter so viele? $10$ Jesus sprach: Macht, daβ die Leute
  517. sich lagern. Es war aber viel Gras an dem Ort. Es lagerten sich
  518. nun die Männer, an Zahl etwa fünftausend. $11$ Jesus aber nahm
  519. die Brote, und als er gedankt hatte, teilte er sie denen aus,
  520. die da lagerten; ebenso auch von den Fischen, so viel sie
  521. wollten. $12$ Als sie aber gesättigt waren, spricht er zu
  522. seinen Jüngern: Sammelt die übriggebliebenen Brocken, damit
  523. nichts umkomme. $13$ Sie sammelten nun und füllten zwölf
  524. Handkörbe mit Brocken von den fünf Gerstenbroten, welche denen,
  525. die gegessen hatten, übrigblieben. $14$ Als nun die Leute das
  526. Zeichen sahen, das Jesus tat, sprachen sie: Dieser ist
  527. wahrhaftig der Prophet, der in die Welt kommen soll. $15$ Da
  528. nun Jesus erkannte, daβ sie kommen und ihn ergreifen wollten, um
  529. ihn zum König zu machen, zog er sich wieder auf den Berg zurück,
  530. er allein.
  531.  
  532. \6\
  533. Jesus geht auf dem See.
  534. #
  535. Mt 14,22-33; Mk 6,45-52.
  536. #
  537. $16$ Als es aber Abend geworden war, gingen seine Jünger hinab
  538. an den See; $17$ und sie stiegen in das Schiff und fuhren über
  539. den See nach Kapernaum. Und es war schon finster geworden, und
  540. Jesus war noch nicht zu ihnen gekommen; $18$ und der See wurde
  541. durch einen starken Wind aufgewühlt. $19$ Als sie nun etwa
  542. fünfundzwanzig oder dreiβig Stadien gerudert waren, sehen sie
  543. Jesus auf dem See dahergehen und nahe an das Schiff herankommen,
  544. und sie fürchteten sich. $20$ Er aber spricht zu ihnen: Ich
  545. bin}s, fürchtet euch nicht! $21$ Sie wollten ihn nun in das
  546. Schiff nehmen, und sogleich war das Schiff am Land, wohin sie
  547. fuhren.
  548.  
  549. \6\
  550. Vom Brot des Lebens.
  551.  
  552. $22$ Am folgenden Tag sah die Volksmenge, die jenseits des
  553. Sees stand, daβ dort kein anderes Boot war, als nur jenes, in
  554. das seine Jünger gestiegen waren, und daβ Jesus nicht mit seinen
  555. Jüngern in das Schiff gestiegen, sondern seine Jünger allein
  556. weggefahren waren. $23$ Es kamen aber andere Boote aus
  557. Tiberias nahe an den Ort, wo sie das Brot gegessen, nachdem der
  558. Herr gedankt hatte. $24$ Da nun die Volksmenge sah, daβ Jesus
  559. nicht dort war, noch seine Jünger, stiegen sie in die Schiffe
  560. und kamen nach Kapernaum und suchten Jesus. $25$ Und als sie
  561. ihn jenseits des Sees gefunden hatten, sprachen sie zu ihm:
  562. Rabbi, wann bist du hierhergekommen? $26$ Jesus antwortete
  563. ihnen und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr sucht
  564. mich, nicht weil ihr Zeichen gesehen, sondern weil ihr von den
  565. Broten gegessen habt und gesättigt worden seid. $27$ Wirket
  566. nicht [für] die Speise, die vergeht, sondern [für] die Speise,
  567. die da bleibt ins ewige Leben, die der Sohn des Menschen euch
  568. geben wird; denn diesen hat der Vater, Gott, beglaubigt. $28$
  569. Da sprachen sie zu ihm: Was sollen wir tun, damit wir die Werke
  570. Gottes wirken? $29$ Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Dies
  571. ist das Werk Gottes, daβ ihr an den glaubt, den er gesandt hat.
  572.  
  573. $30$ Da sprachen sie zu ihm: Was tust du nun für ein Zeichen,
  574. damit wir sehen und dir glauben? Was wirkst du? $31$ Unsere
  575. Väter aβen das Manna in der Wüste, wie geschrieben steht: `Brot
  576. aus dem Himmel gab er ihnen zu essen. $32$ Da sprach Jesus zu
  577. ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Nicht Mose hat euch
  578. das Brot aus dem Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch
  579. das wahrhaftige Brot aus dem Himmel. $33$ Denn das Brot Gottes
  580. ist der, welcher aus dem Himmel herabkommt und der Welt das
  581. Leben gibt. $34$ Da sprachen sie zu ihm: Herr, gib uns
  582. allezeit dieses Brot! $35$ Jesus sprach zu ihnen: Ich bin das
  583. Brot des Lebens: Wer zu mir kommt, wird nicht hungern, und wer
  584. an mich glaubt, wird nimmermehr dürsten. $36$ Aber ich habe
  585. euch gesagt, daβ ihr mich auch gesehen habt und nicht glaubt.
  586. $37$ Alles, was mir der Vater gibt, wird zu mir kommen, und
  587. wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoβen; $38$ denn
  588. ich bin vom Himmel herabgekommen, nicht daβ ich meinen Willen
  589. tue, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat. $39$
  590. Dies aber ist der Wille dessen, der mich gesandt hat, daβ ich
  591. von allem, was er mir gegeben hat, nichts verliere, sondern es
  592. auferwecke am letzten Tag. $40$ Denn dies ist der Wille meines
  593. Vaters, daβ jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, ewiges
  594. Leben habe; und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag.
  595.  
  596. $41$ Da murrten die Juden über ihn, weil er sagte: Ich bin das
  597. Brot, das aus dem Himmel herabgekommen ist; $42$ und sie
  598. sprachen: Ist dieser nicht Jesus, der Sohn Josephs, dessen Vater
  599. und Mutter wir kennen? Wie sagt denn dieser: Ich bin aus dem
  600. Himmel herabgekommen? $43$ Da antwortete Jesus und sprach zu
  601. ihnen: Murrt nicht untereinander! $44$ Niemand kann zu mir
  602. kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zieht;
  603. und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag. $45$ Es steht in
  604. den Propheten geschrieben: `Und sie werden alle von Gott gelehrt
  605. sein. Jeder, der von dem Vater gehört und gelernt hat, kommt zu
  606. mir. $46$ Nicht daβ jemand den Vater gesehen hat, auβer dem,
  607. der von Gott ist, dieser hat den Vater gesehen. $47$ Wahrlich,
  608. wahrlich, ich sage euch: Wer glaubt, hat ewiges Leben. $48$
  609. Ich bin das Brot des Lebens. $49$ Eure Väter haben das Manna
  610. in der Wüste gegessen und sind gestorben. $50$ Dies [aber] ist
  611. das Brot, das aus dem Himmel herabkommt, damit man davon esse
  612. und nicht sterbe. $51$ Ich bin das lebendige Brot, das aus dem
  613. Himmel herabgekommen ist; wenn jemand von diesem Brot iβt, wird
  614. er leben in Ewigkeit. Das Brot aber, das ich geben werde, ist
  615. mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben der Welt.
  616.  
  617. $52$ Die Juden stritten nun untereinander und sagten: Wie kann
  618. dieser uns sein Fleisch zu essen geben? $53$ Da sprach Jesus
  619. zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht das
  620. Fleisch des Sohnes des Menschen eβt und sein Blut trinkt, so
  621. habt ihr kein Leben in euch selbst. $54$ Wer mein Fleisch iβt
  622. und mein Blut trinkt, hat ewiges Leben, und ich werde ihn
  623. auferwecken am letzten Tag; $55$ denn mein Fleisch ist wahre
  624. Speise, und mein Blut ist wahrer Trank. $56$ Wer mein Fleisch
  625. iβt und mein Blut trinkt, bleibt in mir und ich in ihm. $57$
  626. Wie der lebendige Vater mich gesandt hat, und ich lebe um des
  627. Vaters willen, so auch, wer mich iβt, der wird auch leben um
  628. meinetwillen. $58$ Dies ist das Brot, das aus dem Himmel
  629. herabgekommen ist. Nicht wie die Väter aβen und starben; wer
  630. dieses Brot iβt, wird leben in Ewigkeit. $59$ Dies sprach er,
  631. als er in der Synagoge zu Kapernaum lehrte.
  632.  
  633. \6\
  634. Ablehnung der Rede Jesu - Bekenntnis des Petrus - Hinweis auf
  635. den Verräter.
  636.  
  637. $60$ Viele nun von seinen Jüngern, die es gehört hatten,
  638. sprachen: Diese Rede ist hart. Wer kann sie hören? $61$ Da
  639. aber Jesus bei sich selbst wuβte, daβ seine Jünger hierüber
  640. murrten, sprach er zu ihnen: Ärgert euch dies? $62$ Wenn ihr
  641. nun den Sohn des Menschen [dahin] auffahren seht, wo er zuvor
  642. war? $63$ Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch
  643. nützt nichts. Die Worte, die ich zu euch geredet habe, sind
  644. Geist und sind Leben; $64$ aber es sind einige unter euch, die
  645. nicht glauben. Denn Jesus wuβte von Anfang an, welche es waren,
  646. die nicht glaubten, und wer es war, der ihn überliefern würde.
  647. $65$ Und er sprach: Darum habe ich euch gesagt, daβ niemand zu
  648. mir kommen kann, es sei ihm denn von dem Vater gegeben. $66$
  649. Von da an gingen viele seiner Jünger zurück und gingen nicht
  650. mehr mit ihm. $67$ Da sprach Jesus zu den Zwölfen: Wollt ihr
  651. etwa auch weggehen? $68$ Simon Petrus antwortete ihm: Herr, zu
  652. wem sollten wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens; $69$ und
  653. wir haben geglaubt und erkannt, daβ du der Heilige Gottes bist.
  654. $70$ Jesus antwortete ihnen: Habe ich nicht euch, die Zwölf,
  655. erwählt? Und von euch ist einer ein Teufel. $71$ Er sprach
  656. aber von Judas, dem [Sohn] des Simon Ischarioth; denn dieser
  657. sollte ihn überliefern, einer von den Zwölfen.
  658.  
  659. \7\
  660. Reise nach Jerusalem zum Laubhüttenfest.
  661.  
  662. $1$ Und danach zog Jesus in Galiläa umher; denn er wollte
  663. nicht in Judäa umherziehen, weil die Juden ihn zu töten suchten.
  664. $2$ Es war aber nahe das Fest der Juden, die Laubhütten. $3$
  665. Es sprachen nun seine Brüder zu ihm: Zieh von hier fort und geh
  666. nach Judäa, daβ auch deine Jünger deine Werke sehen, die du
  667. tust; $4$ denn niemand tut etwas im Verborgenen und sucht
  668. [dabei] selbst öffentlich bekannt zu sein. Wenn du diese Dinge
  669. tust, so zeige dich der Welt! $5$ Denn auch seine Brüder
  670. glaubten nicht an ihn. $6$ Da spricht Jesus zu ihnen: Meine
  671. Zeit ist noch nicht da, eure Zeit aber ist stets bereit. $7$
  672. Die Welt kann euch nicht hassen; mich aber haβt sie, weil ich
  673. von ihr zeuge, daβ ihre Werke böse sind. $8$ Geht ihr hinauf
  674. zu diesem Fest; ich gehe nicht hinauf zu diesem Fest; denn meine
  675. Zeit ist noch nicht erfüllt. $9$ Nachdem er dies zu ihnen
  676. gesagt hatte, blieb er in Galiläa. $10$ Als aber seine Brüder
  677. hinaufgegangen waren, da ging auch er hinauf zum Fest, nicht
  678. öffentlich, sondern wie im Verborgenen. $11$ Die Juden nun
  679. suchten ihn auf dem Fest und sprachen: Wo ist jener? $12$ Und
  680. viel Gemurmel war über ihn unter den Volksmengen; die einen
  681. sagten: Er ist gut; andere sagten: Nein, sondern er verführt die
  682. Volksmenge. $13$ Niemand jedoch sprach öffentlich von ihm aus
  683. Furcht vor den Juden.
  684.  
  685. \7\
  686. Reden und Auseinandersetzung mit den Juden auf dem
  687. Laubhüttenfest.
  688.  
  689. $14$ Als es aber schon um die Mitte des Festes war, ging Jesus
  690. hinauf in den Tempel und lehrte. $15$ Da wunderten sich die
  691. Juden und sagten: Wie besitzt dieser Gelehrsamkeit, da er doch
  692. nicht gelernt hat? $16$ Da antwortete ihnen Jesus und sprach:
  693. Meine Lehre ist nicht mein, sondern dessen, der mich gesandt
  694. hat. $17$ Wenn jemand seinen Willen tun will, so wird er von
  695. der Lehre wissen, ob sie aus Gott ist oder ob ich aus mir selbst
  696. rede. $18$ Wer aus sich selbst redet, sucht seine eigene Ehre;
  697. wer aber die Ehre dessen sucht, der ihn gesandt hat, der ist
  698. wahrhaftig, und Ungerechtigkeit ist nicht in ihm. $19$ Hat
  699. nicht Mose euch das Gesetz gegeben? Und keiner von euch tut das
  700. Gesetz. Was sucht ihr mich zu töten? $20$ Die Volksmenge
  701. antwortete: Du hast einen Dämon. Wer sucht dich zu töten? $21$
  702. Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Ein Werk habe ich getan,
  703. und ihr alle verwundert euch deswegen. $22$ Mose gab euch die
  704. Beschneidung - nicht daβ sie von Mose sei, sondern von den
  705. Vätern -, und am Sabbat beschneidet ihr einen Menschen. $23$
  706. Wenn ein Mensch die Beschneidung am Sabbat empfängt, damit das
  707. Gesetz Moses nicht gebrochen werde, zürnt ihr mir, daβ ich den
  708. ganzen Menschen gesund gemacht habe am Sabbat? $24$ Richtet
  709. nicht nach dem Schein, sondern richtet ein gerechtes Gericht.
  710.  
  711. $25$ Es sagten nun einige von den Bewohnern Jerusalems: Ist
  712. das nicht der, den sie zu töten suchen? $26$ Und siehe, er
  713. redet öffentlich, und sie sagen ihm nichts. Haben etwa die
  714. Obersten wahrhaftig erkannt, daβ dieser der Christus ist? $27$
  715. Diesen aber kennen wir, woher er ist; wenn aber der Christus
  716. kommt, so weiβ niemand, woher er ist. $28$ Jesus nun rief im
  717. Tempel, lehrte und sprach: Ihr kennt mich und wiβt auch, woher
  718. ich bin; und ich bin nicht von mir selbst gekommen, sondern der
  719. mich gesandt hat, ist wahrhaftig, den ihr nicht kennt. $29$
  720. Ich kenne ihn, weil ich von ihm bin und er mich gesandt hat.
  721. $30$ Da suchten sie ihn zu greifen; und niemand legte die Hand
  722. an ihn, weil seine Stunde noch nicht gekommen war. $31$ Viele
  723. aber von der Volksmenge glaubten an ihn und sprachen: Wenn der
  724. Christus kommt, wird er wohl mehr Zeichen tun als die, welche
  725. dieser getan hat? $32$ Die Pharisäer hörten die Volksmenge
  726. dies über ihn murmeln; und die Pharisäer und die Hohenpriester
  727. sandten Diener, daβ sie ihn greifen möchten. $33$ Da sprach
  728. Jesus: Noch eine kleine Zeit bin ich bei euch, und ich gehe hin
  729. zu dem, der mich gesandt hat. $34$ Ihr werdet mich suchen und
  730. nicht finden, und wo ich bin, könnt ihr nicht hinkommen. $35$
  731. Es sprachen nun die Juden zueinander: Wohin will dieser gehen,
  732. daβ wir ihn nicht finden sollen? Will er etwa in die Zerstreuung
  733. der Griechen gehen und die Griechen lehren? $36$ Was ist das
  734. für ein Wort, das er sprach: Ihr werdet mich suchen und nicht
  735. finden, und: Wo ich bin, könnt ihr nicht hinkommen? $37$ An
  736. dem letzten, dem groβen Tag des Festes aber stand Jesus und rief
  737. und sprach: Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke.
  738. $38$ Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, aus
  739. dessen Leibe werden Ströme lebendigen Wassers flieβen. $39$
  740. Dies aber sagte er von dem Geist, den die empfangen sollten, die
  741. an ihn glaubten; denn noch war der Geist nicht da, weil Jesus
  742. noch nicht verherrlicht worden war.
  743.  
  744. \7\
  745. Meinungen des Volkes und des Hohen Rates über Jesus.
  746.  
  747. $40$ Einige nun aus der Volksmenge sagten, als sie diese Worte
  748. hörten: Dieser ist wahrhaftig der Prophet. $41$ Andere sagten:
  749. Dieser ist der Christus. Andere sagten: Der Christus kommt doch
  750. nicht aus Galiläa? $42$ Hat nicht die Schrift gesagt: Aus der
  751. Nachkommenschaft Davids und aus Bethlehem, dem Dorf, wo David
  752. war, kommt der Christus? $43$ Es entstand nun seinetwegen eine
  753. Spaltung in der Volksmenge. $44$ Einige aber von ihnen wollten
  754. ihn greifen, aber keiner legte die Hände an ihn. $45$ Es kamen
  755. nun die Diener zu den Hohenpriestern und Pharisäern, und diese
  756. sprachen zu ihnen: Warum habt ihr ihn nicht gebracht? $46$ Die
  757. Diener antworteten: Niemals hat ein Mensch so geredet wie dieser
  758. Mensch. $47$ Da antworteten ihnen die Pharisäer: Seid ihr denn
  759. auch verführt? $48$ Hat wohl jemand von den Obersten an ihn
  760. geglaubt, oder von den Pharisäern? $49$ Diese Volksmenge aber,
  761. die das Gesetz nicht kennt, sie ist verflucht! $50$ [Da]
  762. spricht Nikodemus zu ihnen, der einer von ihnen war: $51$
  763. Richtet denn unser Gesetz den Menschen ehe es zuvor von ihm
  764. selbst gehört und erkannt hat, was er tut? $52$ Sie
  765. antworteten und sprachen zu ihm: Bist du etwa auch aus Galiläa?
  766. Forsche und siehe, daβ aus Galiläa kein Prophet aufsteht. $53$
  767. Und jeder ging nach seinem Haus.
  768.  
  769. \8\
  770.  
  771. $1$ Jesus aber ging nach dem Ölberg.
  772.  
  773. \8\
  774. Jesus und die Ehebrecherin.
  775.  
  776. $2$ Frühmorgens aber kam er wieder in den Tempel, und alles
  777. Volk kam zu ihm; und er setzte sich und lehrte sie. $3$ Die
  778. Schriftgelehrten und die Pharisäer aber bringen eine Frau, die
  779. beim Ehebruch ergriffen worden war, und stellen sie in die Mitte
  780. $4$ und sagen zu ihm: Lehrer, diese Frau ist auf frischer Tat
  781. beim Ehebruch ergriffen worden. $5$ In dem Gesetz aber hat uns
  782. Mose geboten, solche zu steinigen. Du nun, was sagst du? $6$
  783. Dies aber sagten sie, ihn zu versuchen, damit sie etwas hätten,
  784. um ihn anzuklagen. Jesus aber bückte sich nieder und schrieb mit
  785. dem Finger auf die Erde. $7$ Als sie aber fortfuhren, ihn zu
  786. fragen, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: Wer von euch
  787. ohne Sünde ist, werfe zuerst den Stein auf sie. $8$ Und wieder
  788. bückte er sich nieder und schrieb auf die Erde. $9$ Als sie
  789. aber [dies] hörten, gingen sie einer nach dem anderen hinaus,
  790. angefangen von den Ältesten; und er wurde allein gelassen mit
  791. der Frau, die in der Mitte stand. $10$ Jesus aber richtete
  792. sich auf und sprach zu ihr: Frau, wo sind jene? Hat niemand dich
  793. verurteilt? $11$ Sie aber sprach: Niemand, Herr. Jesus aber
  794. sprach zu ihr: So verurteile auch ich dich nicht. Geh hin und
  795. sündige nicht mehr!
  796.  
  797. \8\
  798. Das Licht der Welt.
  799.  
  800. $12$ Jesus redete nun wieder zu ihnen und sprach: Ich bin das
  801. Licht der Welt; wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis
  802. wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben. $13$ Da
  803. sprachen die Pharisäer zu ihm: Du zeugst von dir selbst; dein
  804. Zeugnis ist nicht wahr. $14$ Jesus antwortete und sprach zu
  805. ihnen: Auch wenn ich von mir selbst zeuge, ist mein Zeugnis
  806. wahr, weil ich weiβ, woher ich gekommen bin und wohin ich gehe;
  807. ihr aber wiβt nicht, woher ich komme und wohin ich gehe. $15$
  808. Ihr richtet nach dem Fleisch, ich richte niemand. $16$ Wenn
  809. ich aber auch richte, so ist mein Gericht wahr, weil ich nicht
  810. allein bin, sondern ich und der Vater, der mich gesandt hat.
  811. $17$ Aber auch in eurem Gesetz steht geschrieben, daβ das
  812. Zeugnis zweier Menschen wahr ist. $18$ Ich bin es, der von mir
  813. selbst zeugt, und der Vater, der mich gesandt hat, zeugt von
  814. mir. $19$ Da sprachen sie zu ihm: Wo ist dein Vater? Jesus
  815. antwortete: Ihr kennt weder mich noch meinen Vater; wenn ihr
  816. mich gekannt hättet, so würdet ihr auch meinen Vater gekannt
  817. haben. $20$ Diese Worte redete er in der Schatzkammer, als er
  818. im Tempel lehrte; und niemand legte Hand an ihn, denn seine
  819. Stunde war noch nicht gekommen.
  820.  
  821. \8\
  822. Der Gesandte des Vaters.
  823.  
  824. $21$ Er sprach nun wieder zu ihnen: Ich gehe hin, und ihr
  825. werdet mich suchen und werdet in eurer Sünde sterben; wo ich
  826. hingehe, könnt ihr nicht hinkommen. $22$ Da sagten die Juden:
  827. Er will sich doch nicht selbst töten, daβ er spricht: Wo ich
  828. hingehe, könnt ihr nicht hinkommen? $23$ Und er sprach zu
  829. ihnen: Ihr seid von dem, was unten ist, ich bin von dem, was
  830. oben ist; ihr seid von dieser Welt, ich bin nicht von dieser
  831. Welt. $24$ Daher sagte ich euch, daβ ihr in euren Sünden
  832. sterben werdet; denn wenn ihr nicht glauben werdet, daβ ich es
  833. bin, so werdet ihr in euren Sünden sterben. $25$ Da sprachen
  834. sie zu ihm: Wer bist du? Jesus sprach zu ihnen: Durchaus das,
  835. was ich auch zu euch rede. $26$ Vieles habe ich über euch zu
  836. reden und zu richten, aber der mich gesandt hat, ist wahrhaftig;
  837. und was ich von ihm gehört habe, das rede ich zu der Welt.
  838. $27$ Sie erkannten nicht, daβ er von dem Vater zu ihnen
  839. sprach. $28$ Da sprach Jesus zu ihnen: Wenn ihr den Sohn des
  840. Menschen erhöht haben werdet, dann werdet ihr erkennen, daβ ich
  841. es bin und daβ ich nichts von mir selbst tue, sondern wie der
  842. Vater mich gelehrt hat, das rede ich. $29$ Und der mich
  843. gesandt hat, ist mit mir; er hat mich nicht allein gelassen,
  844. weil ich allezeit das ihm Wohlgefällige tue. $30$ Als er dies
  845. redete, glaubten viele an ihn.
  846.  
  847. \8\
  848. Wahre Freiheit.
  849.  
  850. $31$ Jesus sprach nun zu den Juden, die ihm geglaubt hatten:
  851. Wenn ihr in meinem Wort bleibt, so seid ihr wahrhaft meine
  852. Jünger; $32$ und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die
  853. Wahrheit wird euch frei machen. $33$ Sie antworteten ihm: Wir
  854. sind Abrahams Nachkommenschaft und sind nie jemandes Sklaven
  855. gewesen. Wie sagst du: Ihr sollt frei werden? $34$ Jesus
  856. antwortete ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Jeder, der
  857. die Sünde tut, ist der Sünde Sklave. $35$ Der Sklave aber
  858. bleibt nicht für immer im Haus; der Sohn bleibt für immer.
  859. $36$ Wenn nun der Sohn euch frei machen wird, so werdet ihr
  860. wirklich frei sein.
  861.  
  862. \8\
  863. Wahre Nachkommen Abrahams.
  864.  
  865. $37$ Ich weiβ, daβ ihr Abrahams Nachkommen seid; aber ihr
  866. sucht mich zu töten, weil mein Wort nicht Raum in euch findet.
  867. $38$ Ich rede, was ich bei meinem Vater gesehen habe; auch ihr
  868. nun mögt tun, was ihr von eurem Vater gehört habt. $39$ Sie
  869. antworteten und sprachen zu ihm: Abraham ist unser Vater. Jesus
  870. spricht zu ihnen: Wenn ihr Abrahams Kinder wäret, so würdet ihr
  871. die Werke Abrahams tun; $40$ jetzt aber sucht ihr mich zu
  872. töten, einen Menschen, der die Wahrheit zu euch geredet hat, die
  873. ich von Gott gehört habe; das hat Abraham nicht getan. $41$
  874. Ihr tut die Werke eures Vaters. Sie sprachen zu ihm: Wir sind
  875. nicht durch Hurerei geboren; wir haben einen Vater, Gott. $42$
  876. Jesus sprach zu ihnen: Wenn Gott euer Vater wäre, so würdet ihr
  877. mich lieben, denn ich bin von Gott ausgegangen und gekommen;
  878. denn ich bin auch nicht von mir selbst gekommen, sondern er hat
  879. mich gesandt. $43$ Warum versteht ihr meine Sprache nicht?
  880. Weil ihr mein Wort nicht hören könnt. $44$ Ihr seid aus dem
  881. Vater, dem Teufel, und die Begierden eures Vaters wollt ihr tun.
  882. Jener war ein Menschenmörder von Anfang an und stand nicht in
  883. der Wahrheit, weil keine Wahrheit in ihm ist. Wenn er die Lüge
  884. redet, so redet er aus seinem Eigenen, denn er ist ein Lügner
  885. und der Vater derselben. $45$ Weil ich aber die Wahrheit sage,
  886. glaubt ihr mir nicht. $46$ Wer von euch überführt mich einer
  887. Sünde? Wenn ich die Wahrheit sage, warum glaubt ihr mir nicht?
  888. $47$ Wer aus Gott ist, hört die Worte Gottes. Darum hört ihr
  889. nicht, weil ihr nicht aus Gott seid. $48$ Die Juden
  890. antworteten und sprachen zu ihm: Sagen wir nicht recht, daβ du
  891. ein Samariter bist und einen Dämon hast? $49$ Jesus
  892. antwortete: Ich habe keinen Dämon, sondern ich ehre meinen
  893. Vater, und ihr verunehrt mich. $50$ Ich aber suche nicht meine
  894. Ehre: Es ist einer, der [sie] sucht und der richtet. $51$
  895. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn jemand mein Wort
  896. bewahren wird, so wird er den Tod nicht sehen ewiglich. $52$
  897. Die Juden sprachen zu ihm: Jetzt erkennen wir, daβ du einen
  898. Dämon hast. Abraham ist gestorben und die Propheten, und du
  899. sagst: Wenn jemand mein Wort bewahren wird, so wird er den Tod
  900. nicht schmecken in Ewigkeit. $53$ Bist du etwa gröβer als
  901. unser Vater Abraham, der gestorben ist? Und die Propheten sind
  902. gestorben. Was machst du aus dir selbst? $54$ Jesus
  903. antwortete: Wenn ich mich selbst ehre, so ist meine Ehre nichts;
  904. mein Vater ist es, der mich ehrt, von dem ihr sagt: Er ist unser
  905. Gott. $55$ Und ihr habt ihn nicht erkannt, ich aber kenne ihn;
  906. und wenn ich sagte: Ich kenne ihn nicht, so würde ich euch
  907. gleich sein: ein Lügner. Aber ich kenne ihn, und ich bewahre
  908. sein Wort. $56$ Abraham, euer Vater, frohlockte, daβ er meinen
  909. Tag sehen sollte, und er sah [ihn] und freute sich. $57$ Da
  910. sprachen die Juden zu ihm: Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt
  911. und hast Abraham gesehen? $58$ Jesus sprach zu ihnen:
  912. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham war, bin ich.
  913. $59$ Da hoben sie Steine auf, um auf ihn zu werfen. Jesus aber
  914. verbarg sich und ging aus dem Tempel hinaus.
  915.  
  916. \9\
  917. Heilung eines Blindgeborenen.
  918.  
  919. $1$ Und als er vorüberging, sah er einen Menschen, blind von
  920. Geburt. $2$ Und seine Jünger fragten ihn und sagten: Rabbi,
  921. wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, daβ er blind
  922. geboren wurde? $3$ Jesus antwortete: Weder dieser hat
  923. gesündigt, noch seine Eltern, sondern damit die Werke Gottes an
  924. ihm offenbart würden. $4$ Wir müssen die Werke dessen wirken,
  925. der mich gesandt hat, solange es Tag ist; es kommt die Nacht, da
  926. niemand wirken kann. $5$ Solange ich in der Welt bin, bin ich
  927. das Licht der Welt. $6$ Als er dies gesagt hatte, spie er auf
  928. die Erde und bereitete einen Teig aus dem Speichel und strich
  929. den Teig auf seine Augen; $7$ und er sprach zu ihm: Geh hin,
  930. wasche dich in dem Teich Siloah - was übersetzt wird: Gesandter.
  931. Da ging er hin und wusch sich und kam sehend.
  932.  
  933. \9\
  934. Der Geheilte und die Juden.
  935.  
  936. $8$ Die Nachbarn nun, und die ihn früher gesehen hatten, daβ
  937. er ein Bettler war, sprachen: Ist dieser nicht der, der da saβ
  938. und bettelte? $9$ Einige sagten: Er ist es; andere sagten:
  939. Nein, sondern er ist ihm ähnlich; er sagte: Ich bin}s. $10$
  940. Sie sprachen nun zu ihm: Wie sind deine Augen aufgetan worden?
  941. $11$ Er antwortete: Der Mensch, der Jesus heiβt, bereitete
  942. einen Teig und salbte meine Augen [damit] und sprach zu mir: Geh
  943. hin nach Siloah und wasche dich. Als ich aber hinging und mich
  944. wusch, wurde ich sehend. $12$ Da sprachen sie zu ihm: Wo ist
  945. jener? Er sagt: Ich weiβ es nicht.
  946.  
  947. $13$ Sie führen ihn, den einst Blinden, zu den Pharisäern.
  948. $14$ Es war aber Sabbat, als Jesus den Teig bereitete und
  949. seine Augen auftat. $15$ Nun fragten ihn wieder auch die
  950. Pharisäer, wie er sehend geworden sei. Er aber sprach zu ihnen:
  951. Er legte Teig auf meine Augen, und ich wusch mich, und ich sehe.
  952. $16$ Da sprachen einige von den Pharisäern: Dieser Mensch ist
  953. nicht von Gott, denn er hält den Sabbat nicht. Andere sagten:
  954. Wie kann ein sündiger Mensch solche Zeichen tun? Und es war
  955. Zwiespalt unter ihnen. $17$ Sie sagen nun wieder zu dem
  956. Blinden: Was sagst du von ihm, weil er deine Augen aufgetan hat?
  957. Er aber sprach: Er ist ein Prophet. $18$ Es glaubten nun die
  958. Juden nicht von ihm, daβ er blind war und sehend geworden, bis
  959. sie die Eltern dessen riefen, der sehend geworden war. $19$
  960. Und sie fragten sie und sprachen: Ist dieser euer Sohn, von dem
  961. ihr sagt, daβ er blind geboren wurde? Wie sieht er denn jetzt?
  962. $20$ Seine Eltern antworteten und sprachen: Wir wissen, daβ
  963. dieser unser Sohn ist und daβ er blind geboren wurde; $21$ wie
  964. er aber jetzt sieht, wissen wir nicht, oder wer seine Augen
  965. aufgetan hat, wissen wir nicht. Er ist mündig. Fragt ihn, er
  966. wird selbst über sich reden. $22$ Dies sagten seine Eltern,
  967. weil sie die Juden fürchteten; denn die Juden waren schon
  968. übereingekommen, daβ, wenn jemand ihn als Christus bekennen
  969. würde, er aus der Synagoge ausgeschlossen werden sollte. $23$
  970. Deswegen sagten seine Eltern: Er ist mündig, fragt ihn. $24$
  971. Sie riefen nun zum zweiten Mal den Menschen, der blind war, und
  972. sprachen zu ihm: Gib Gott die Ehre! Wir wissen, daβ dieser
  973. Mensch ein Sünder ist. $25$ Da antwortete er: Ob er ein Sünder
  974. ist, weiβ ich nicht; eins weiβ ich, daβ ich blind war und jetzt
  975. sehe. $26$ Und sie sprachen wieder zu ihm: Was hat er dir
  976. getan? Wie tat er deine Augen auf? $27$ Er antwortete ihnen:
  977. Ich habe es euch schon gesagt, und ihr habt nicht gehört. Warum
  978. wollt ihr es nochmals hören? Wollt ihr etwa auch seine Jünger
  979. werden? $28$ Sie schmähten ihn und sprachen: Du bist sein
  980. Jünger; wir aber sind Moses Jünger. $29$ Wir wissen, daβ Gott
  981. zu Mose geredet hat; von diesem aber wissen wir nicht, woher er
  982. ist. $30$ Der Mensch antwortete und sprach zu ihnen: Hierbei
  983. ist es doch erstaunlich, daβ ihr nicht wiβt, woher er ist, und
  984. er hat [doch] meine Augen aufgetan. $31$ Wir wissen, daβ Gott
  985. Sünder nicht hört, sondern wenn jemand gottesfürchtig ist und
  986. seinen Willen tut, den hört er. $32$ Von Anbeginn hat man
  987. nicht gehört, daβ jemand die Augen eines Blindgeborenen aufgetan
  988. habe. $33$ Wenn dieser nicht von Gott wäre, so könnte er
  989. nichts tun. $34$ Sie antworteten und sprachen zu ihm: Du bist
  990. ganz in Sünden geboren, und du lehrst uns? Und sie warfen ihn
  991. hinaus.
  992.  
  993. \9\
  994. Der Geheilte und der Sohn Gottes.
  995.  
  996. $35$ Jesus hörte, daβ sie ihn hinausgeworfen hatten; und als
  997. er ihn fand, sprach er zu ihm: Glaubst du an den Sohn des
  998. Menschen? $36$ Er antwortete und sprach: Und wer ist es, Herr,
  999. daβ ich an ihn glaube? $37$ Jesus sprach zu ihm: Du hast ihn
  1000. gesehen, und der mit dir redet, der ist es. $38$ Er aber
  1001. sprach: Ich glaube, Herr. Und er warf sich vor ihm nieder.
  1002.  
  1003. $39$ Und Jesus sprach: Zum Gericht bin ich in diese Welt
  1004. gekommen, damit die Nichtsehenden sehen und die Sehenden blind
  1005. werden. $40$ Einige von den Pharisäern, die bei ihm waren,
  1006. hörten dies und sprachen zu ihm: Sind denn auch wir blind?
  1007. $41$ Jesus sprach zu ihnen: Wenn ihr blind wäret, so hättet
  1008. ihr keine Sünde. Nun aber sagt ihr: Wir sehen. [Daher] bleibt
  1009. eure Sünde.
  1010.  
  1011. \10\
  1012. Der gute Hirte.
  1013.  
  1014. $1$ Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer nicht durch die
  1015. Tür in den Hof der Schafe eingeht, sondern anderswo
  1016. hinübersteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. $2$ Wer aber
  1017. durch die Tür eingeht, ist Hirte der Schafe. $3$ Diesem tut
  1018. der Türhüter auf, und die Schafe hören seine Stimme, und er ruft
  1019. seine eigenen Schafe mit Namen und führt sie heraus. $4$ Wenn
  1020. er seine eigenen [Schafe] alle herausgebracht hat, geht er vor
  1021. ihnen her, und die Schafe folgen ihm, weil sie seine Stimme
  1022. kennen. $5$ Einem Fremden aber werden sie nicht folgen,
  1023. sondern werden vor ihm fliehen, weil sie die Stimme der Fremden
  1024. nicht kennen. $6$ In dieser Bildrede sprach Jesus zu ihnen;
  1025. sie aber verstanden nicht, was es war, das er zu ihnen redete.
  1026.  
  1027. $7$ Jesus sprach nun wieder zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich
  1028. sage euch: Ich bin die Tür der Schafe. $8$ Alle, die vor mir
  1029. gekommen sind, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe hörten
  1030. nicht auf sie. $9$ Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich
  1031. eingeht, so wird er errettet werden und wird ein- und ausgehen
  1032. und Weide finden. $10$ Der Dieb kommt nur, um zu stehlen und
  1033. zu schlachten und zu verderben. Ich bin gekommen, damit sie
  1034. Leben haben und [es in] Überfluβ haben. $11$ Ich bin der gute
  1035. Hirte; der gute Hirte läβt sein Leben für die Schafe. $12$
  1036. Wer Mietling und nicht Hirte ist, wer die Schafe nicht zu eigen
  1037. hat, sieht den Wolf kommen und verläβt die Schafe und flieht -
  1038. und der Wolf raubt und zerstreut sie -, $13$ weil er ein
  1039. Mietling ist und sich um die Schafe nicht kümmert. $14$ Ich
  1040. bin der gute Hirte; und ich kenne die Meinen und bin gekannt von
  1041. den Meinen, $15$ wie der Vater mich kennt und ich den Vater
  1042. kenne; und ich lasse mein Leben für die Schafe. $16$ Und ich
  1043. habe andere Schafe, die nicht aus diesem Hof sind; auch diese
  1044. muβ ich bringen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird
  1045. eine Herde, ein Hirte sein. $17$ Darum liebt mich der Vater,
  1046. weil ich mein Leben lasse, um es wiederzunehmen. $18$ Niemand
  1047. nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbst. Ich habe
  1048. Vollmacht, es zu lassen, und habe Vollmacht, es wiederzunehmen.
  1049. Dieses Gebot habe ich von meinem Vater empfangen. $19$ Es
  1050. entstand wieder ein Zwiespalt unter den Juden dieser Worte
  1051. wegen. $20$ Viele aber von ihnen sagten: Er hat einen Dämon
  1052. und ist von Sinnen. Was hört ihr ihn? $21$ Andere sagten:
  1053. Diese Reden sind nicht die eines Besessenen. Kann etwa ein Dämon
  1054. der Blinden Augen auftun?
  1055.  
  1056. $22$ Es war aber das Fest der Tempelweihe in Jerusalem; es
  1057. war Winter. $23$ Und Jesus ging in dem Tempel umher, in der
  1058. Säulenhalle Salomos. $24$ Da umringten ihn die Juden und
  1059. sprachen zu ihm: Bis wann hältst du unsere Seele hin? Wenn du
  1060. der Christus bist, so sage es uns frei heraus. $25$ Jesus
  1061. antwortete ihnen: Ich habe es euch gesagt, und ihr glaubt nicht.
  1062. Die Werke, die ich in dem Namen meines Vaters tue, diese zeugen
  1063. von mir; $26$ aber ihr glaubt nicht, denn ihr seid nicht von
  1064. meinen Schafen, wie ich euch gesagt habe. $27$ Meine Schafe
  1065. hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir;
  1066. $28$ und ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht
  1067. verloren in Ewigkeit, und niemand wird sie aus meiner Hand
  1068. rauben. $29$ Mein Vater, der sie mir gegeben hat, ist gröβer
  1069. als alle, und niemand kann sie aus der Hand meines Vaters
  1070. rauben. $30$ Ich und der Vater sind eins.
  1071.  
  1072. \10\
  1073. Anschläge gegen Jesus.
  1074.  
  1075. $31$ Da hoben die Juden wieder Steine auf, daβ sie ihn
  1076. steinigten. $32$ Jesus antwortete ihnen: Viele gute Werke
  1077. habe ich euch von meinem Vater gezeigt. Für welches Werk unter
  1078. ihnen steinigt ihr mich? $33$ Die Juden antworteten ihm:
  1079. Wegen eines guten Werkes steinigen wir dich nicht, sondern wegen
  1080. Lästerung, und weil du, der du ein Mensch bist, dich selbst zu
  1081. Gott machst. $34$ Jesus antwortete ihnen: Steht nicht in
  1082. eurem Gesetz geschrieben: `Ich habe gesagt: Ihr seid Götter?
  1083. $35$ Wenn er jene Götter nannte, an die das Wort Gottes
  1084. erging - und die Schrift kann nicht aufgelöst werden -, $36$
  1085. sagt ihr von dem, den der Vater geheiligt und in die Welt
  1086. gesandt hat: Du lästerst, weil ich sagte: Ich bin Gottes Sohn?
  1087. $37$ Wenn ich nicht die Werke meines Vaters tue, so glaubt
  1088. mir nicht; $38$ wenn ich sie aber tue, so glaubt den Werken,
  1089. wenn ihr auch mir nicht glaubt, damit ihr erkennt und glaubt,
  1090. daβ der Vater in mir ist und ich in ihm.
  1091.  
  1092. $39$ Da suchten sie wieder ihn zu greifen, und er entging
  1093. ihrer Hand. $40$ Und er ging wieder weg jenseits des Jordan
  1094. an den Ort, wo Johannes zuerst taufte, und er blieb dort.
  1095. $41$ Und viele kamen zu ihm und sagten: Johannes tat zwar
  1096. kein Zeichen; alles aber, was Johannes von diesem gesagt hat,
  1097. war wahr. $42$ Und viele glaubten dort an ihn.
  1098.  
  1099. \11\
  1100. Krankheit und Tod des Lazarus.
  1101.  
  1102. $1$ Es war aber einer krank, Lazarus, von Bethanien, aus dem
  1103. Dorf der Maria und ihrer Schwester Martha. $2$ Maria aber war
  1104. es, die den Herrn mit Salböl salbte und seine Füβe mit ihren
  1105. Haaren abtrocknete; deren Bruder Lazarus war krank. $3$ Da
  1106. sandten die Schwestern zu ihm und lieβen ihm sagen: Herr, siehe,
  1107. der, den du lieb hast, ist krank. $4$ Als aber Jesus es
  1108. hörte, sprach er: Diese Krankheit ist nicht zum Tode, sondern um
  1109. der Herrlichkeit Gottes willen, damit der Sohn Gottes durch sie
  1110. verherrlicht werde. $5$ Jesus aber liebte die Martha und ihre
  1111. Schwester und den Lazarus. $6$ Als er nun hörte, daβ er krank
  1112. sei, blieb er noch zwei Tage an dem Ort, wo er war. $7$
  1113. Danach spricht er zu den Jüngern: Laβt uns wieder nach Judäa
  1114. gehen. $8$ Die Jünger sagen zu ihm: Rabbi, eben suchten die
  1115. Juden dich zu steinigen, und wieder gehst du dahin? $9$ Jesus
  1116. antwortete: Hat der Tag nicht zwölf Stunden? Wenn jemand am Tag
  1117. umhergeht, stöβt er nicht an, weil er das Licht dieser Welt
  1118. sieht; $10$ wenn aber jemand in der Nacht umhergeht, stöβt er
  1119. an, weil das Licht nicht in ihm ist. $11$ Dies sprach er, und
  1120. danach sagt er zu ihnen: Lazarus, unser Freund, ist
  1121. eingeschlafen; aber ich gehe hin, damit ich ihn aufwecke.
  1122. $12$ Da sprachen die Jünger zu ihm: Herr, wenn er
  1123. eingeschlafen ist, so wird er geheilt werden. $13$ Jesus aber
  1124. hatte von seinem Tod gesprochen: sie aber meinten, er rede von
  1125. der Ruhe des Schlafes. $14$ Dann nun sagte ihnen Jesus gerade
  1126. heraus: Lazarus ist gestorben; $15$ und ich bin froh um
  1127. euretwillen, daβ ich nicht dort war, damit ihr glaubt; aber laβt
  1128. uns zu ihm gehen. $16$ Da sprach Thomas, der [auch] Zwilling
  1129. genannt ist, zu den Mitjüngern: Laβt auch uns gehen, daβ wir mit
  1130. ihm sterben.
  1131.  
  1132. \11\
  1133. Auferweckung des Lazarus.
  1134.  
  1135. $17$ Als nun Jesus kam, fand er ihn schon vier Tage in der
  1136. Gruft liegen. $18$ Bethanien aber war nahe bei Jerusalem,
  1137. etwa fünfzehn Stadien weit; $19$ und viele von den Juden
  1138. waren zu Martha und Maria gekommen, um sie über ihren Bruder zu
  1139. trösten. $20$ Martha nun, als sie hörte, daβ Jesus komme,
  1140. ging ihm entgegen. Maria aber saβ im Haus. $21$ Da sprach
  1141. Martha zu Jesus: Herr, wenn du hier gewesen wärest, so wäre mein
  1142. Bruder nicht gestorben; $22$ und jetzt weiβ ich, daβ, was du
  1143. von Gott bitten magst, Gott dir geben wird. $23$ Jesus
  1144. spricht zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen. $24$ Martha
  1145. spricht zu ihm: Ich weiβ, daβ er auferstehen wird in der
  1146. Auferstehung am letzten Tag. $25$ Jesus sprach zu ihr: Ich
  1147. bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubt, wird
  1148. leben, auch wenn er gestorben ist; $26$ und jeder, der da
  1149. lebt und an mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit. Glaubst
  1150. du das? $27$ Sie spricht zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, daβ du
  1151. der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.
  1152. $28$ Und als sie dies gesagt hatte, ging sie hin und rief
  1153. heimlich ihre Schwester Maria und sagte: Der Lehrer ist da und
  1154. ruft dich. $29$ Als jene es hörte, steht sie schnell auf und
  1155. geht zu ihm. $30$ Jesus aber war noch nicht in das Dorf
  1156. gekommen, sondern war an dem Ort, wo Martha ihm begegnet war.
  1157. $31$ Als nun die Juden, die bei ihr im Haus waren und sie
  1158. trösteten, sahen, daβ Maria schnell aufstand und hinausging,
  1159. folgten sie ihr, da sie meinten, sie gehe zur Gruft, um dort zu
  1160. weinen. $32$ Als nun Maria dahin kam, wo Jesus war, und ihn
  1161. sah, fiel sie ihm zu Füβen und sprach zu ihm: Herr, wenn du hier
  1162. gewesen wärest, so wäre mein Bruder nicht gestorben. $33$ Als
  1163. nun Jesus sie weinen sah und die Juden weinen, die mit ihr
  1164. gekommen waren, wurde er im Geist erzürnt und wurde erschüttert
  1165. $34$ und sprach: Wo habt ihr ihn hingelegt? Sie sagen zu ihm:
  1166. Herr, komm und sieh! $35$ Jesus weinte. $36$ Da sprachen
  1167. die Juden: Siehe, wie lieb hat er ihn gehabt! $37$ Einige
  1168. aber von ihnen sagten: Konnte dieser, der die Augen des Blinden
  1169. auftat, nicht machen, daβ auch dieser nicht gestorben wäre?
  1170. $38$ Jesus nun, wieder in seinem Innern erzürnt, kommt zur
  1171. Gruft. Es war aber eine Höhle, und ein Stein lag davor. $39$
  1172. Jesus spricht: Nehmt den Stein weg! Die Schwester des
  1173. Verstorbenen, Martha, spricht zu ihm: Herr, er riecht schon,
  1174. denn er ist vier Tage hier. $40$ Jesus spricht zu ihr: Habe
  1175. ich dir nicht gesagt, wenn du glaubtest, so würdest du die
  1176. Herrlichkeit Gottes sehen? $41$ Sie nahmen nun den Stein weg.
  1177. Jesus aber hob die Augen empor und sprach: Vater, ich danke dir,
  1178. daβ du mich erhört hast. $42$ Ich aber wuβte, daβ du mich
  1179. allezeit erhörst; doch um der Volksmenge willen, die umhersteht,
  1180. habe ich es gesagt, damit sie glauben, daβ du mich gesandt hast.
  1181. $43$ Und als er dies gesagt hatte, rief er mit lauter Stimme:
  1182. Lazarus, komm heraus! $44$ Und der Verstorbene kam heraus, an
  1183. Füβen und Händen mit Grabtüchern umwickelt, und sein Gesicht war
  1184. mit einem Schweiβtuch umbunden. Jesus spricht zu ihnen: Macht
  1185. ihn frei und laβt ihn gehen.
  1186.  
  1187. $45$ Viele nun von den Juden, die zu Maria gekommen waren und
  1188. sahen, was er getan hatte, glaubten an ihn. $46$ Einige aber
  1189. von ihnen gingen hin zu den Pharisäern und sagten ihnen, was
  1190. Jesus getan hatte.
  1191.  
  1192. \11\
  1193. Ratssitzung über Jesus: Beschluβ, ihn zu töten.
  1194.  
  1195. $47$ Da versammelten die Hohenpriester und die Pharisäer
  1196. [den] Hohen Rat und sprachen: Was tun wir? Denn dieser Mensch
  1197. tut viele Zeichen. $48$ Wenn wir ihn so lassen, werden alle
  1198. an ihn glauben, und die Römer werden kommen und unsere Stadt wie
  1199. auch unsere Nation wegnehmen. $49$ Einer aber von ihnen,
  1200. Kaiphas, der jenes Jahr Hoherpriester war, sprach zu ihnen: Ihr
  1201. wiβt nichts $50$ und überlegt auch nicht, daβ es euch
  1202. nützlich ist, daβ ein Mensch für das Volk sterbe und nicht die
  1203. ganze Nation umkomme. $51$ Dies aber sagte er nicht aus sich
  1204. selbst, sondern da er jenes Jahr Hoherpriester war, weissagte
  1205. er, daβ Jesus für die Nation sterben sollte; $52$ und nicht
  1206. für die Nation allein, sondern daβ er auch die zerstreuten
  1207. Kinder Gottes in eins versammelte. $53$ Von jenem Tag an
  1208. ratschlagten sie nun, um ihn zu töten. $54$ Jesus ging nun
  1209. nicht mehr öffentlich unter den Juden umher, sondern ging von
  1210. dort weg in die Gegend nahe bei der Wüste, in eine Stadt mit
  1211. Namen Ephraim; und dort verweilte er mit den Jüngern.
  1212.  
  1213. $55$ Es war aber nahe das Passah der Juden, und viele gingen
  1214. aus dem Land hinauf nach Jerusalem vor dem Passah, um sich zu
  1215. reinigen. $56$ Sie suchten nun Jesus und sprachen, als sie im
  1216. Tempel standen, untereinander: Was meint ihr? Wird er nicht zu
  1217. dem Fest kommen? $57$ Es hatten aber die Hohenpriester und
  1218. die Pharisäer Befehl gegeben, wenn jemand wisse, wo er sei, daβ
  1219. er es anzeigen solle, damit sie ihn griffen.
  1220.  
  1221. \12\
  1222. Salbung Jesu in Bethanien.
  1223. #
  1224. Mt 26,6-13; Mk 14,3-9
  1225. #
  1226. $1$ Jesus nun kam sechs Tage vor dem Passah nach Bethanien,
  1227. wo Lazarus war, den Jesus aus den Toten auferweckt hatte. $2$
  1228. Sie machten ihm nun dort ein Abendessen, und Martha diente;
  1229. Lazarus aber war einer von denen, die mit ihm zu Tisch lagen.
  1230. $3$ Da nahm Maria ein Pfund Salböl von echter, sehr kostbarer
  1231. Narde und salbte die Füβe Jesu und trocknete seine Füβe mit
  1232. ihren Haaren. Das Haus aber wurde von dem Geruch des Salböls
  1233. erfüllt. $4$ Es sagt aber Judas, der Iskariot, einer von
  1234. seinen Jüngern, der ihn überliefern sollte: $5$ Warum ist
  1235. dieses Salböl nicht für dreihundert Denare verkauft und den
  1236. Armen gegeben worden? $6$ Er sagte dies aber nicht, weil er
  1237. für die Armen besorgt war, sondern weil er ein Dieb war und die
  1238. Kasse hatte und beiseiteschaffte, was eingelegt wurde. $7$ Da
  1239. sprach Jesus: Laβ sie! Möge sie es aufbewahrt haben für den Tag
  1240. meines Begräbnisses! $8$ Denn die Armen habt ihr allezeit bei
  1241. euch, mich aber habt ihr nicht allezeit.
  1242.  
  1243. \12\
  1244. Anschläge der Hohenpriester gegen Lazarus.
  1245.  
  1246. $9$ Eine groβe Volksmenge aus den Juden erfuhr nun, daβ er
  1247. dort sei; und sie kamen nicht um Jesu willen allein, sondern
  1248. damit sie auch den Lazarus sähen, den er aus den Toten
  1249. auferweckt hatte. $10$ Die Hohenpriester aber ratschlagten,
  1250. auch den Lazarus zu töten, $11$ weil viele von den Juden um
  1251. seinetwillen hingingen und an Jesus glaubten.
  1252.  
  1253. \12\
  1254. Einzug in Jerusalem.
  1255. #
  1256. Mt 21,1-11; Mk 11,1-10; Lk 19,28-40
  1257. #
  1258. $12$ Am folgenden Tag, als eine groβe Volksmenge, die zu dem
  1259. Fest gekommen war, hörte, daβ Jesus nach Jerusalem komme,
  1260. $13$ nahmen sie die Palmzweige und gingen hinaus, ihm
  1261. entgegen, und schrien: Hosanna! Gepriesen [sei], der da kommt im
  1262. Namen des Herrn, und der König Israels! $14$ Jesus aber fand
  1263. einen jungen Esel und setzte sich darauf, wie geschrieben steht:
  1264. $15$ `Fürchte dich nicht, Tochter Zion! Siehe, dein König
  1265. kommt, sitzend auf einem Eselsfüllen. $16$ Dies verstanden
  1266. seine Jünger zuerst nicht; jedoch als Jesus verherrlicht war, da
  1267. erinnerten sie sich, daβ dies von ihm geschrieben war und sie
  1268. ihm dies getan hatten. $17$ Es bezeugte nun die Volksmenge,
  1269. die bei ihm war, daβ er Lazarus aus dem Grab gerufen und ihn aus
  1270. den Toten auferweckt habe. $18$ Darum ging ihm auch die
  1271. Volksmenge entgegen, weil sie hörten, daβ er dieses Zeichen
  1272. getan hatte. $19$ Da sprachen die Pharisäer zueinander: Ihr
  1273. seht, daβ ihr gar nichts ausrichtet; siehe, die Welt ist ihm
  1274. nachgegangen.
  1275.  
  1276. \12\
  1277. Über das Sterben des Menschensohnes.
  1278.  
  1279. $20$ Es waren aber einige Griechen unter denen, die
  1280. hinzukamen, um auf dem Fest anzubeten. $21$ Diese nun kamen
  1281. zu Philippus von Bethsaida in Galiläa und baten ihn und sagten:
  1282. Herr, wir möchten Jesus sehen. $22$ Philippus kommt und sagt
  1283. es Andreas, es kommt Andreas und Philippus, und sie sagen es
  1284. Jesus. $23$ Jesus aber antwortete ihnen und sprach: Die
  1285. Stunde ist gekommen, daβ der Sohn des Menschen verherrlicht
  1286. werde. $24$ Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das
  1287. Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein;
  1288. wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. $25$ Wer sein
  1289. Leben liebt, wird es verlieren; und wer sein Leben in dieser
  1290. Welt haβt, wird es zum ewigen Leben bewahren. $26$ Wenn mir
  1291. jemand dient, so folge er mir nach; und wo ich bin, da wird auch
  1292. mein Diener sein. Wenn mir jemand dient, so wird der Vater ihn
  1293. ehren. $27$ Jetzt ist meine Seele bestürzt. Und was soll ich
  1294. sagen? Vater, rette mich aus dieser Stunde? Doch darum bin ich
  1295. in diese Stunde gekommen. $28$ Vater, verherrliche deinen
  1296. Namen! Da kam eine Stimme aus dem Himmel: Ich habe [ihn]
  1297. verherrlicht und werde [ihn] auch wieder verherrlichen. $29$
  1298. Die Volksmenge nun, die dastand und zuhörte, sagte, es habe
  1299. gedonnert; andere sagten: Ein Engel hat mit ihm geredet. $30$
  1300. Jesus antwortete und sprach: Nicht um meinetwillen ist diese
  1301. Stimme geschehen, sondern um euretwillen. $31$ Jetzt ist das
  1302. Gericht dieser Welt; jetzt wird der Fürst dieser Welt
  1303. hinausgeworfen werden. $32$ Und ich, wenn ich von der Erde
  1304. erhöht bin, werde alle zu mir ziehen. $33$ Dies aber sagte
  1305. er, um anzudeuten, welches Todes er sterben sollte. $34$ Die
  1306. Volksmenge antwortete ihm: Wir haben aus dem Gesetz gehört, daβ
  1307. der Christus bleibe in Ewigkeit, und wie sagst du, daβ der Sohn
  1308. des Menschen erhöht werden müsse? Wer ist dieser, der Sohn des
  1309. Menschen? $35$ Da sprach Jesus zu ihnen: Noch eine kleine
  1310. Zeit ist das Licht unter euch; wandelt, während ihr das Licht
  1311. habt, damit nicht Finsternis euch ergreife. Und wer in der
  1312. Finsternis wandelt, weiβ nicht, wohin er geht. $36$ Während
  1313. ihr das Licht habt, glaubt an das Licht, damit ihr Söhne des
  1314. Lichtes werdet. Dies redete Jesus und ging weg und verbarg sich
  1315. vor ihnen.
  1316.  
  1317. \12\
  1318. Unglaube und Glaube bei den Juden.
  1319.  
  1320. $37$ Obwohl er aber so viele Zeichen vor ihnen getan hatte,
  1321. glaubten sie nicht an ihn, $38$ damit das Wort des Propheten
  1322. Jesaja erfüllt würde, das er sprach: `Herr, wer hat unserer
  1323. Verkündigung geglaubt, und wem ist der Arm des Herrn offenbart
  1324. worden? $39$ Darum konnten sie nicht glauben, weil Jesaja
  1325. wieder gesagt hat: $40$ `Er hat ihre Augen verblendet und ihr
  1326. Herz verstockt, daβ sie nicht mit den Augen sehen und mit dem
  1327. Herzen verstehen und sich bekehren und ich sie heile. $41$
  1328. Dies sprach Jesaja, weil er seine Herrlichkeit sah und von ihm
  1329. redete. $42$ Dennoch aber glaubten auch von den Obersten
  1330. viele an ihn; doch wegen der Pharisäer bekannten sie [ihn]
  1331. nicht, damit sie nicht aus der Synagoge ausgeschlossen würden;
  1332. $43$ denn sie liebten die Ehre bei den Menschen mehr als die
  1333. Ehre bei Gott.
  1334.  
  1335. \12\
  1336. Abschluβ der öffentlichen Wirksamkeit Jesu: Folgen des Glaubens
  1337. und des Unglaubens.
  1338.  
  1339. $44$ Jesus aber rief und sprach: Wer an mich glaubt, glaubt
  1340. nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat; $45$ und
  1341. wer mich sieht, sieht den, der mich gesandt hat. $46$ Ich bin
  1342. als Licht in die Welt gekommen, damit jeder, der an mich glaubt,
  1343. nicht in der Finsternis bleibe; $47$ und wenn jemand meine
  1344. Worte hört und nicht befolgt, so richte ich ihn nicht, denn ich
  1345. bin nicht gekommen, daβ ich die Welt richte, sondern daβ ich die
  1346. Welt errette. $48$ Wer mich verwirft und meine Worte nicht
  1347. annimmt, hat den, der ihn richtet: das Wort, das ich geredet
  1348. habe, das wird ihn richten am letzten Tag. $49$ Denn ich habe
  1349. nicht aus mir selbst geredet, sondern der Vater, der mich
  1350. gesandt hat, er hat mir ein Gebot gegeben, was ich sagen und was
  1351. ich reden soll; $50$ und ich weiβ, daβ sein Gebot ewiges
  1352. Leben ist. Was ich nun rede, rede ich so, wie mir der Vater
  1353. gesagt hat.
  1354.  
  1355. \13\
  1356. Die Fuβwaschung.
  1357.  
  1358. $1$ Vor dem Passahfest aber, als Jesus wuβte, daβ seine
  1359. Stunde gekommen war, aus dieser Welt zu dem Vater hinzugehen -
  1360. da er die Seinen, die in der Welt waren, geliebt hatte, liebte
  1361. er sie bis ans Ende. $2$ Und während des Abendessens, als der
  1362. Teufel schon dem Judas, Simons [Sohn], dem Iskariot, es ins Herz
  1363. gegeben hatte, daβ er ihn überliefere, $3$ steht [Jesus] - im
  1364. Bewuβtsein, daβ der Vater ihm alles in die Hände gegeben und daβ
  1365. er von Gott ausgegangen war und zu Gott hingehe - $4$ von dem
  1366. Abendessen auf und legt die Oberkleider ab; und er nahm ein
  1367. leinenes Tuch und umgürtete sich. $5$ Dann gieβt er Wasser in
  1368. das Waschbecken und fing an, die Füβe der Jünger zu waschen und
  1369. mit dem leinenen Tuch abzutrocknen, mit dem er umgürtet war.
  1370. $6$ Er kommt nun zu Simon Petrus, und der spricht zu ihm:
  1371. Herr, du wäschst meine Füβe? $7$ Jesus antwortete und sprach
  1372. zu ihm: Was ich tue, weiβt du jetzt nicht, du wirst es aber
  1373. nachher verstehen. $8$ Petrus spricht zu ihm: Du sollst
  1374. nimmermehr meine Füβe waschen! Jesus antwortete ihm: Wenn ich
  1375. dich nicht wasche, so hast du kein Teil mit mir. $90$ Simon
  1376. Petrus spricht zu ihm: Herr, nicht meine Füβe allein, sondern
  1377. auch die Hände und das Haupt. $10$ Jesus spricht zu ihm: Wer
  1378. gebadet ist, hat nicht nötig, sich zu waschen, ausgenommen die
  1379. Füβe, sondern ist ganz rein; und ihr seid rein, aber nicht alle.
  1380. $11$ Denn er kannte den, der ihn überlieferte; darum sagte
  1381. er: Ihr seid nicht alle rein.
  1382.  
  1383. $12$ Als er nun ihre Füβe gewaschen und seine Oberkleider
  1384. genommen hatte, legte er sich wieder zu Tisch und sprach zu
  1385. ihnen: Wiβt ihr, was ich euch getan habe? $13$ Ihr nennt mich
  1386. Lehrer und Herr, und ihr sagt recht, denn ich bin es. $14$
  1387. Wenn nun ich, der Herr und der Lehrer, eure Füβe gewaschen habe,
  1388. so seid auch ihr schuldig, einander die Füβe zu waschen. $15$
  1389. Denn ich habe euch ein Beispiel gegeben, daβ auch ihr tut, wie
  1390. ich euch getan habe. $16$ Wahrlich, wahrlich, ich sage euch:
  1391. Ein Sklave ist nicht gröβer als sein Herr, noch ein Gesandter
  1392. gröβer, als der ihn gesandt hat. $17$ Wenn ihr dies wiβt,
  1393. glückselig seid ihr, wenn ihr es tut.
  1394.  
  1395. \13\
  1396. Bezeichnung des Verräters.
  1397. #
  1398. Mt 26,20-25; Mk 14,17-21; Lk 22,14.21-23
  1399. #
  1400. $18$ Ich rede nicht von euch allen, ich weiβ, welche ich
  1401. erwählt habe; aber damit die Schrift erfüllt würde: `Der mit mir
  1402. das Brot iβt, hat seine Ferse gegen mich aufgehoben. $19$ Von
  1403. jetzt an sage ich es euch, ehe es geschieht, damit ihr, wenn es
  1404. geschieht, glaubt, daβ ich es bin. $20$ Wahrlich, wahrlich,
  1405. ich sage euch: Wer aufnimmt, wen ich senden werde, nimmt mich
  1406. auf; wer aber mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt
  1407. hat.
  1408.  
  1409. $21$ Als Jesus dies gesagt hatte, wurde er im Geist
  1410. erschüttert und bezeugte und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich
  1411. sage euch: Einer von euch wird mich überliefern. $22$ Da
  1412. blickten die Jünger einander an, in Verlegenheit darüber, von
  1413. wem er rede. $23$ Einer von seinen Jüngern, den Jesus liebte,
  1414. lag zu Tisch an der Brust Jesu. $24$ Diesem nun winkt Simon
  1415. Petrus und spricht zu ihm: Sage, wer es ist, von dem er spricht.
  1416. $25$ Jener lehnt sich an die Brust Jesu und spricht zu ihm:
  1417. Herr, wer ist es? $26$ Jesus antwortete: Der ist es, dem ich
  1418. den Bissen, wenn ich ihn eingetaucht habe, geben werde. Und als
  1419. er den Bissen eingetaucht hatte, nimmt er ihn und gibt ihn dem
  1420. Judas, Simons [Sohn], dem Ischarioth. $27$ Und nach dem
  1421. Bissen fuhr dann der Satan in ihn. Jesus spricht nun zu ihm: Was
  1422. du tust, tu schnell! $28$ Keiner aber von den zu Tisch
  1423. Liegenden verstand, wozu er ihm dies sagte: $29$ Denn einige
  1424. meinten, weil Judas die Kasse hatte, daβ Jesus zu ihm sage:
  1425. Kaufe, was wir für das Fest benötigen, oder daβ er den Armen
  1426. etwas geben solle. $30$ Als nun jener den Bissen genommen
  1427. hatte, ging er sogleich hinaus. Es war aber Nacht.
  1428.  
  1429. \13\
  1430. Das neue Gebot: Liebe.
  1431.  
  1432. $31$ Als er nun hinausgegangen war, spricht Jesus: Jetzt ist
  1433. der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott ist verherrlicht in
  1434. ihm. $32$ Wenn Gott verherrlicht ist in ihm, so wird auch
  1435. Gott ihn verherrlichen in sich selbst, und er wird ihn sogleich
  1436. verherrlichen. $33$ Kinder, noch eine kleine Weile bin ich
  1437. bei euch; ihr werdet mich suchen, und wie ich den Juden sagte:
  1438. Wohin ich gehe, könnt ihr nicht hinkommen, so sage ich jetzt
  1439. auch euch. $34$ Ein neues Gebot gebe ich euch, daβ ihr
  1440. einander liebt, damit, wie ich euch geliebt habe, auch ihr
  1441. einander liebt. $35$ Daran werden alle erkennen, daβ ihr
  1442. meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.
  1443.  
  1444. \13\
  1445. Ankündigung der Verleugnung durch Petrus.
  1446. #
  1447. Mt 26,31-35; Mk 14,27-31; Lk 22,31-34
  1448. #
  1449. $36$ Simon Petrus spricht zu ihm: Herr, wohin gehst du? Jesus
  1450. antwortete ihm: Wohin ich gehe, [dorthin] kannst du mir jetzt
  1451. nicht folgen; du wirst mir aber später folgen. $37$ Petrus
  1452. spricht zu ihm: Herr, warum kann ich dir jetzt nicht folgen?
  1453. Mein Leben will ich für dich lassen. $38$ Jesus antwortet:
  1454. Dein Leben willst du für mich lassen? Wahrlich, wahrlich, ich
  1455. sage dir, der Hahn wird nicht krähen, bis du mich dreimal
  1456. verleugnet hast.
  1457.  
  1458. \14\
  1459. Hingang zum Vater und Wiederkunft - Offenbarung des Vaters.
  1460.  
  1461. $1$ Euer Herz werde nicht bestürzt. Ihr glaubt an Gott,
  1462. glaubt auch an mich. $2$ Im Hause meines Vaters sind viele
  1463. Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, würde ich euch gesagt haben:
  1464. Ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten? $3$ Und wenn ich
  1465. hingehe und euch eine Stätte bereite, so komme ich wieder und
  1466. werde euch zu mir nehmen, damit auch ihr seid, wo ich bin.
  1467. $4$ Und wohin ich gehe, dahin wiβt ihr den Weg. $5$ Thomas
  1468. spricht zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Und wie
  1469. können wir den Weg wissen? $6$ Jesus spricht zu ihm: Ich bin
  1470. der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater
  1471. als nur durch mich. $7$ Wenn ihr mich erkannt habt, werdet
  1472. ihr auch meinen Vater erkennen; und von jetzt an erkennt ihr ihn
  1473. und habt ihn gesehen. $8$ Philippus spricht zu ihm: Herr,
  1474. zeige uns den Vater, und es genügt uns. $9$ Jesus spricht zu
  1475. ihm: So lange Zeit bin ich bei euch, und du hast mich nicht
  1476. erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.
  1477. Und wie sagst du: Zeige uns den Vater? $10$ Glaubst du nicht,
  1478. daβ ich in dem Vater bin und der Vater in mir ist? Die Worte,
  1479. die ich zu euch rede, rede ich nicht von mir selbst; der Vater
  1480. aber, der in mir bleibt, tut seine Werke. $11$ Glaubt mir,
  1481. daβ ich in dem Vater bin und der Vater in mir ist; wenn aber
  1482. nicht, so glaubt mir um der Werke selbst willen. $12$
  1483. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt, der wird
  1484. auch die Werke tun, die ich tue, und wird gröβere als diese tun,
  1485. weil ich zum Vater gehe. $13$ Und was ihr bitten werdet in
  1486. meinem Namen, das werde ich tun, damit der Vater verherrlicht
  1487. werde im Sohn. $14$ Wenn ihr etwas bitten werdet in meinem
  1488. Namen, so werde ich es tun.
  1489.  
  1490. \14\
  1491. Sendung des Sachwalters.
  1492.  
  1493. $15$ Wenn ihr mich liebt, so werdet ihr meine Gebote halten;
  1494. $16$ und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen
  1495. anderen Beistand geben, daβ er bei euch sei in Ewigkeit, $17$
  1496. den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil
  1497. sie ihn nicht sieht noch ihn kennt. Ihr kennt ihn, denn er
  1498. bleibt bei euch und wird in euch sein. $18$ Ich werde euch
  1499. nicht verwaist zurücklassen, ich komme zu euch. $19$ Noch ein
  1500. Kleines, und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich:
  1501. weil ich lebe, werdet auch ihr leben. $20$ An jenem Tag
  1502. werdet ihr erkennen, daβ ich in meinem Vater bin und ihr in mir
  1503. und ich in euch. $21$ Wer meine Gebote hat und sie hält, der
  1504. ist es, der mich liebt; wer aber mich liebt, wird von meinem
  1505. Vater geliebt werden; und ich werde ihn lieben und mich selbst
  1506. ihm offenbaren. $22$ Judas, nicht der Ischarioth, spricht zu
  1507. ihm: Herr, wie kommt es, daβ du dich uns offenbaren willst und
  1508. nicht der Welt? $23$ Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wenn
  1509. jemand mich liebt, so wird er mein Wort halten, und mein Vater
  1510. wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei
  1511. ihm machen. $24$ Wer mich nicht liebt, hält meine Worte
  1512. nicht; und das Wort, das ihr hört, ist nicht mein, sondern des
  1513. Vaters, der mich gesandt hat. $25$ Dies habe ich zu euch
  1514. geredet, während ich bei euch weile. $26$ Der Beistand aber,
  1515. der Heilige Geist, den der Vater senden wird in meinem Namen,
  1516. der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich
  1517. euch gesagt habe. $27$ Frieden lasse ich euch, meinen Frieden
  1518. gebe ich euch; nicht wie die Welt gibt, gebe ich euch. Euer Herz
  1519. werde nicht bestürzt, sei auch nicht furchtsam. $28$ Ihr habt
  1520. gehört, daβ ich euch gesagt habe: Ich gehe hin, und ich komme zu
  1521. euch. Wenn ihr mich liebtet, so würdet ihr euch freuen, daβ ich
  1522. zum Vater gehe, denn der Vater ist gröβer als ich. $29$ Und
  1523. jetzt habe ich es euch gesagt, ehe es geschieht, damit ihr
  1524. glaubt, wenn es geschieht. $30$ Ich werde nicht mehr vieles
  1525. mit euch reden, denn der Fürst der Welt kommt und hat nichts in
  1526. mir; $31$ aber damit die Welt erkenne, daβ ich den Vater
  1527. liebe und so tue, wie mir der Vater geboten hat. - Steht auf,
  1528. laβt uns von hier fortgehen!
  1529.  
  1530. \15\
  1531. Der wahre Weinstock.
  1532.  
  1533. $1$ Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der
  1534. Weingärtner. $2$ Jede Rebe an mir, die nicht Frucht bringt,
  1535. die nimmt er weg; und jede, die Frucht bringt, die reinigt er,
  1536. daβ sie mehr Frucht bringe. $3$ Ihr seid schon rein um des
  1537. Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. $4$ Bleibt in
  1538. mir und ich in euch. Wie die Rebe nicht von sich selbst Frucht
  1539. bringen kann, sie bleibe denn am Weinstock, so auch ihr nicht,
  1540. ihr bleibt denn in mir. $5$ Ich bin der Weinstock, ihr seid
  1541. die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel
  1542. Frucht, denn getrennt von mir könnt ihr nichts tun. $6$ Wenn
  1543. jemand nicht in mir bleibt, so wird er hinausgeworfen wie die
  1544. Rebe und verdorrt; und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer,
  1545. und sie verbrennen. $7$ Wenn ihr in mir bleibt und meine
  1546. Worte in euch bleiben, so werdet ihr bitten, was ihr wollt, und
  1547. es wird euch geschehen. $8$ Hierin wird mein Vater
  1548. verherrlicht, daβ ihr viel Frucht bringt und meine Jünger
  1549. werdet.
  1550.  
  1551. \15\
  1552. Das Gebot der Liebe.
  1553.  
  1554. $9$ Wie der Vater mich geliebt hat, habe auch ich euch
  1555. geliebt; bleibt in meiner Liebe. $10$ Wenn ihr meine Gebote
  1556. haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben, wie ich die
  1557. Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe.
  1558. $11$ Dies habe ich zu euch geredet, damit meine Freude in
  1559. euch sei und eure Freude völlig werde. $12$ Dies ist mein
  1560. Gebot, daβ ihr einander liebt, wie ich euch geliebt habe.
  1561. $13$ Gröβere Liebe hat niemand als die, daβ er sein Leben
  1562. hingibt für seine Freunde. $14$ Ihr seid meine Freunde, wenn
  1563. ihr tut, was ich euch gebiete. $15$ Ich nenne euch nicht mehr
  1564. Sklaven, denn der Sklave weiβ nicht, was sein Herr tut; euch
  1565. aber habe ich Freunde genannt, weil ich alles, was ich von
  1566. meinem Vater gehört, euch kundgetan habe. $16$ Ihr habt nicht
  1567. mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und euch gesetzt,
  1568. daβ ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibe, damit,
  1569. was ihr den Vater bitten werdet in meinem Namen, er euch gebe.
  1570. $17$ Dies gebiete ich euch, daβ ihr einander liebt!
  1571.  
  1572. \15\
  1573. Ankündigung von Verfolgungen.
  1574.  
  1575. $18$ Wenn die Welt euch haβt, so wiβt, daβ sie mich vor euch
  1576. gehaβt hat. $19$ Wenn ihr von der Welt wäret, würde die Welt
  1577. das Ihre lieben; weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern
  1578. ich euch aus der Welt erwählt habe, darum haβt euch die Welt.
  1579. $20$ Gedenkt des Wortes, das ich euch gesagt habe: Ein Sklave
  1580. ist nicht gröβer als sein Herr. Wenn sie mich verfolgt haben,
  1581. werden sie auch euch verfolgen; wenn sie mein Wort gehalten
  1582. haben, werden sie auch das eure halten. $21$ Aber dies alles
  1583. werden sie euch tun um meines Namens willen, weil sie den nicht
  1584. kennen, der mich gesandt hat. $22$ Wenn ich nicht gekommen
  1585. wäre und zu ihnen geredet hätte, so hätten sie keine Sünde;
  1586. jetzt aber haben sie keinen Vorwand für ihre Sünde. $23$ Wer
  1587. mich haβt, haβt auch meinen Vater. $24$ Wenn ich nicht die
  1588. Werke unter ihnen getan hätte, die kein anderer getan hat, so
  1589. hätten sie keine Sünde; jetzt aber haben sie [sie] gesehen und
  1590. [doch] sowohl mich als auch meinen Vater gehaβt. $25$ Aber
  1591. [dies geschieht], damit das Wort erfüllt würde, das in ihrem
  1592. Gesetz geschrieben steht: `Sie haben mich ohne Ursache gehaβt.
  1593. $26$ Wenn der Beistand gekommen ist, den ich euch von dem
  1594. Vater senden werde, der Geist der Wahrheit, der von dem Vater
  1595. ausgeht, so wird der von mir zeugen. $27$ Aber auch ihr
  1596. zeugt, weil ihr von Anfang an bei mir seid.
  1597.  
  1598. \16\
  1599.  
  1600. $1$ Dies habe ich zu euch geredet, damit ihr euch nicht
  1601. ärgert. $2$ Sie werden euch aus der Synagoge ausschlieβen; es
  1602. kommt sogar die Stunde, daβ jeder, der euch tötet, meinen wird,
  1603. Gott einen Opferdienst darzubringen. $3$ Und dies werden sie
  1604. tun, weil sie weder den Vater noch mich erkannt haben. $4$
  1605. Dies aber habe ich zu euch geredet, damit ihr, wenn die Stunde
  1606. gekommen ist, daran gedenkt, daβ ich es euch gesagt habe. Dies
  1607. aber habe ich euch von Anfang an nicht gesagt, weil ich bei euch
  1608. war.
  1609.  
  1610. \16\
  1611. Die Wirksamkeit des Heiligen Geistes.
  1612.  
  1613. $5$ Jetzt aber gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat, und
  1614. niemand von euch fragt mich: Wohin gehst du? $6$ sondern weil
  1615. ich dies zu euch geredet habe, hat Traurigkeit euer Herz
  1616. erfüllt. $7$ Doch ich sage euch die Wahrheit: Es ist euch
  1617. nützlich, daβ ich weggehe, denn wenn ich nicht weggehe, wird der
  1618. Beistand nicht zu euch kommen; wenn ich aber hingehe, werde ich
  1619. ihn zu euch senden. $8$ Und wenn er gekommen ist, wird er die
  1620. Welt überführen von Sünde und von Gerechtigkeit und von Gericht.
  1621. $9$ Von Sünde, weil sie nicht an mich glauben; $10$ von
  1622. Gerechtigkeit aber, weil ich zum Vater gehe und ihr mich nicht
  1623. mehr seht; $11$ von Gericht aber, weil der Fürst dieser Welt
  1624. gerichtet ist.
  1625.  
  1626. $12$ Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es
  1627. jetzt nicht tragen. $13$ Wenn aber jener, der Geist der
  1628. Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit
  1629. leiten; denn er wird nicht aus sich selbst reden, sondern was er
  1630. hören wird, wird er reden, und das Kommende wird er euch
  1631. verkündigen. $14$ Er wird mich verherrlichen, denn von dem
  1632. Meinen wird er nehmen und euch verkündigen. $15$ Alles, was
  1633. der Vater hat, ist mein; darum sagte ich, daβ er von dem Meinen
  1634. nimmt und euch verkündigen wird.
  1635.  
  1636. \16\
  1637. Trost und Freude im Blick auf Jesu Abscheiden und Wiederkehr.
  1638.  
  1639. $16$ Eine kleine [Weile], und ihr seht mich nicht, und wieder
  1640. eine kleine [Weile], und ihr werdet mich sehen. $17$ Es
  1641. sprachen nun einige von seinen Jüngern zueinander: Was ist das,
  1642. was er zu uns sagt: Eine kleine [Weile], und ihr seht mich
  1643. nicht, und wieder eine kleine [Weile], und ihr werdet mich
  1644. sehen, und: Ich gehe hin zum Vater? $18$ Sie sprachen nun:
  1645. Was ist das für eine `kleine [Weile], wovon er redet? Wir wissen
  1646. nicht, was er sagt. $19$ Jesus erkannte, daβ sie ihn fragen
  1647. wollten, und sprach zu ihnen: Forscht ihr darüber miteinander,
  1648. daβ ich sagte: Eine kleine [Weile], und ihr seht mich nicht, und
  1649. wieder eine kleine [Weile], und ihr werdet mich sehen? $20$
  1650. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, daβ ihr weinen und wehklagen
  1651. werdet, aber die Welt wird sich freuen; ihr werdet traurig sein,
  1652. aber eure Traurigkeit wird zur Freude werden. $21$ Die Frau
  1653. hat Traurigkeit, wenn sie gebiert, weil ihre Stunde gekommen
  1654. ist; wenn sie aber das Kind geboren hat, gedenkt sie nicht mehr
  1655. der Bedrängnis, um der Freude willen, daβ ein Mensch zur Welt
  1656. geboren ist. $22$ Auch ihr nun habt jetzt zwar Traurigkeit;
  1657. aber ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird sich freuen,
  1658. und eure Freude nimmt niemand von euch. $23$ Und an jenem Tag
  1659. werdet ihr mich nichts fragen. Wahrlich, wahrlich, ich sage
  1660. euch: Was ihr den Vater bitten werdet in meinem Namen, wird er
  1661. euch geben. $24$ Bis jetzt habt ihr nichts gebeten in meinem
  1662. Namen. Bittet, und ihr werdet empfangen, damit eure Freude
  1663. völlig sei. $25$ Dies habe ich in Bildreden zu euch geredet;
  1664. es kommt die Stunde, da ich nicht mehr in Bildreden zu euch
  1665. sprechen, sondern euch offen von dem Vater verkündigen werde.
  1666. $26$ An jenem Tag werdet ihr bitten in meinem Namen, und ich
  1667. sage euch nicht, daβ ich den Vater für euch bitten werde;
  1668. $27$ denn der Vater selbst hat euch lieb, weil ihr mich
  1669. geliebt und geglaubt habt, daβ ich von Gott ausgegangen bin.
  1670. $28$ Ich bin von dem Vater ausgegangen und in die Welt
  1671. gekommen; wieder verlasse ich die Welt und gehe zum Vater.
  1672.  
  1673. $29$ Seine Jünger sprechen zu ihm: Siehe, jetzt redest du
  1674. offen und gebrauchst keine Bildrede; $30$ jetzt wissen wir,
  1675. daβ du alles weiβt und nicht nötig hast, daβ dich jemand frage;
  1676. hierdurch glauben wir, daβ du von Gott ausgegangen bist. $31$
  1677. Jesus antwortete ihnen: Glaubt ihr jetzt? $32$ Siehe, es
  1678. kommt die Stunde und ist gekommen, daβ ihr euch zerstreuen
  1679. werdet, ein jeder in seine Heimat und mich allein lassen werdet;
  1680. doch ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir. $33$
  1681. Dies habe ich zu euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In
  1682. der Welt habt ihr Drangsal; aber seid guten Mutes, ich habe die
  1683. Welt überwunden.
  1684.  
  1685. \17\
  1686. Das hohepriesterliche Gebet.
  1687.  
  1688. $1$ Dies redete Jesus und hob seine Augen auf zum Himmel und
  1689. sprach: Vater, die Stunde ist gekommen; verherrliche deinen
  1690. Sohn, damit der Sohn dich verherrliche, $2$ wie du ihm
  1691. Vollmacht gegeben hast über alles Fleisch, daβ er allen, die du
  1692. ihm gegeben hast, ewiges Leben gebe. $3$ Dies aber ist das
  1693. ewige Leben, daβ sie dich, den allein wahren Gott, und den du
  1694. gesandt hast, Jesus Christus, erkennen. $4$ Ich habe dich
  1695. verherrlicht auf der Erde; das Werk habe ich vollbracht, das du
  1696. mir gegeben hast, daβ ich es tun sollte. $5$ Und nun
  1697. verherrliche du, Vater, mich bei dir selbst mit der
  1698. Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war.
  1699.  
  1700. $6$ Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir
  1701. aus der Welt gegeben hast. Dein waren sie, und mir hast du sie
  1702. gegeben, und sie haben dein Wort bewahrt. $7$ Jetzt haben sie
  1703. erkannt, daβ alles, was du mir gegeben hast, von dir ist; $8$
  1704. denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben,
  1705. und sie haben sie angenommen und wahrhaftig erkannt, daβ ich von
  1706. dir ausgegangen bin, und haben geglaubt, daβ du mich gesandt
  1707. hast. $9$ Ich bitte für sie; nicht für die Welt bitte ich,
  1708. sondern für die, welche du mir gegeben hast, denn sie sind dein
  1709. $10$ - und alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist,
  1710. mein -, und ich bin in ihnen verherrlicht. $11$ Und ich bin
  1711. nicht mehr in der Welt, und diese sind in der Welt, und ich
  1712. komme zu dir. Heiliger Vater! Bewahre sie in deinem Namen, den
  1713. du mir gegeben hast, daβ sie eins seien wie wir. $12$ Als ich
  1714. bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir
  1715. gegeben hast; und ich habe [sie] behütet, und keiner von ihnen
  1716. ist verloren als nur der Sohn des Verderbens, damit die Schrift
  1717. erfüllt werde. $13$ Jetzt aber komme ich zu dir; und dieses
  1718. rede ich in der Welt, damit sie meine Freude völlig in sich
  1719. haben. $14$ Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt
  1720. hat sie gehaβt, weil sie nicht von der Welt sind, wie ich nicht
  1721. von der Welt bin. $15$ Ich bitte nicht, daβ du sie aus der
  1722. Welt wegnimmst, sondern daβ du sie bewahrst vor dem Bösen.
  1723. $16$ Sie sind nicht von der Welt, wie ich nicht von der Welt
  1724. bin. $17$ Heilige sie durch die Wahrheit: dein Wort ist
  1725. Wahrheit. $18$ Wie du mich in die Welt gesandt hast, habe
  1726. auch ich sie in die Welt gesandt; $19$ und ich heilige mich
  1727. selbst für sie, damit auch sie Geheiligte seien durch Wahrheit.
  1728. $20$ Aber nicht für diese allein bitte ich, sondern auch für
  1729. die, welche durch ihr Wort an mich glauben, $21$ damit sie
  1730. alle eins seien, wie du, Vater, in mir und ich in dir, daβ auch
  1731. sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, daβ du mich
  1732. gesandt hast. $22$ Und die Herrlichkeit, die du mir gegeben
  1733. hast, habe ich ihnen gegeben, daβ sie eins seien, wie wir eins
  1734. sind $23$ - ich in ihnen und du in mir -, daβ sie in eins
  1735. vollendet seien, damit die Welt erkenne, daβ du mich gesandt und
  1736. sie geliebt hast, wie du mich geliebt hast. $24$ Vater, ich
  1737. will, daβ die, welche du mir gegeben hast, auch bei mir seien,
  1738. wo ich bin, damit sie meine Herrlichkeit schauen, die du mir
  1739. gegeben hast, denn du hast mich geliebt vor Grundlegung der
  1740. Welt. $25$ Gerechter Vater! - Und die Welt hat dich nicht
  1741. erkannt; ich aber habe dich erkannt, und diese haben erkannt,
  1742. daβ du mich gesandt hast. $26$ Und ich habe ihnen deinen
  1743. Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, womit du
  1744. mich geliebt hast, in ihnen sei und ich in ihnen.
  1745.  
  1746. \18\
  1747. Jesu Gefangennahme.
  1748. #
  1749. Mt 26,47-56; Mk 14,43-50; Lk 22,47-53
  1750. #
  1751. $1$ Als Jesus dies gesagt hatte, ging er mit seinen Jüngern
  1752. hinaus über den Bach Kidron, wo ein Garten war, in den er
  1753. hineinging, er und seine Jünger. $2$ Aber auch Judas, der ihn
  1754. überlieferte, wuβte den Ort, weil Jesus dort oft mit seinen
  1755. Jüngern zusammen war. $3$ Als nun Judas die Schar und von den
  1756. Hohenpriestern und Pharisäern Diener genommen hatte, kommt er
  1757. dahin mit Leuchten und Fackeln und Waffen. $4$ Jesus nun, der
  1758. alles wuβte, was über ihn kommen würde, ging hinaus und sprach
  1759. zu ihnen: Wen sucht ihr? $5$ Sie antworteten ihm: Jesus, den
  1760. Nazoräer. Er spricht zu ihnen: Ich bin}s. Aber auch Judas, der
  1761. ihn überlieferte, stand bei ihnen. $6$ Als er nun zu ihnen
  1762. sagte: Ich bin}s, wichen sie zurück und fielen zu Boden. $7$
  1763. Da fragte er sie wieder: Wen sucht ihr? Sie aber sprachen:
  1764. Jesus, den Nazoräer. $8$ Jesus antwortete: Ich habe euch
  1765. gesagt, daβ ich es bin; wenn ihr nun mich sucht, so laβt diese
  1766. gehen; $9$ damit das Wort erfüllt würde, das er sprach: Von
  1767. denen, die du mir gegeben hast, habe ich keinen verloren.
  1768. $10$ Simon Petrus nun, der ein Schwert hatte, zog es und
  1769. schlug den Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm das rechte Ohr
  1770. ab. Der Name des Knechtes aber war Malchus. $11$ Da sprach
  1771. Jesus zu Petrus: Stecke dein Schwert in die Scheide! Den Kelch,
  1772. den mir der Vater gegeben hat, soll ich den nicht trinken?
  1773.  
  1774. \18\
  1775. Verhör durch Hannas - Verleugnung durch Petrus.
  1776. #
  1777. Mt 26,57-75; Mk 14,53-72; Lk 22,54-71
  1778. #
  1779. $12$ Die Schar nun und der Oberst und die Diener der Juden
  1780. nahmen Jesus und banden ihn; $13$ und sie führten ihn zuerst
  1781. hin zu Hannas, denn er war Schwiegervater des Kaiphas, der jenes
  1782. Jahr Hoherpriester war. $14$ Kaiphas aber war es, der den
  1783. Juden geraten hatte, es sei nützlich, daβ ein Mensch für das
  1784. Volk sterbe. $15$ Simon Petrus aber folgte Jesus und ein
  1785. anderer Jünger. Dieser Jünger aber war dem Hohenpriester bekannt
  1786. und ging mit Jesus hinein in den Hof des Hohenpriesters. $16$
  1787. Petrus aber stand an der Tür drauβen. Da ging der andere Jünger,
  1788. der dem Hohenpriester bekannt war, hinaus und sprach mit der
  1789. Türhüterin und führte Petrus hinein. $17$ Da spricht die
  1790. Magd, die Türhüterin, zu Petrus: Bist nicht auch du [einer] von
  1791. den Jüngern dieses Menschen? Er sagt: Ich bin}s nicht. $18$
  1792. Es standen aber die Knechte und die Diener da, die ein
  1793. Kohlenfeuer gemacht hatten, weil es kalt war, und wärmten sich;
  1794. Petrus aber stand auch bei ihnen und wärmte sich. $19$ Der
  1795. Hohepriester nun fragte Jesus über seine Jünger und über seine
  1796. Lehre. $20$ Jesus antwortete ihm: Ich habe öffentlich zu der
  1797. Welt geredet; ich habe allezeit in der Synagoge und in dem
  1798. Tempel gelehrt, wo alle Juden zusammenkommen, und im Verborgenen
  1799. habe ich nichts geredet. $21$ Was fragst du mich? Frage die,
  1800. welche gehört haben, was ich zu ihnen geredet habe; siehe, diese
  1801. wissen, was ich gesagt habe. $22$ Als er aber dies sagte, gab
  1802. einer der Diener, der dabeistand, Jesus einen Schlag [ins
  1803. Gesicht] und sagte: Antwortest du so dem Hohenpriester? $23$
  1804. Jesus antwortete ihm: Wenn ich schlecht geredet habe, so gib
  1805. Zeugnis von dem Schlechten; wenn aber recht, was schlägst du
  1806. mich? $24$ Hannas nun sandte ihn gebunden zu Kaiphas, dem
  1807. Hohenpriester.
  1808.  
  1809. $25$ Simon Petrus aber stand da und wärmte sich. Da sprachen
  1810. sie zu ihm: Bist nicht auch du [einer] von seinen Jüngern? Er
  1811. leugnete und sprach: Ich bin}s nicht. $26$ Es spricht einer
  1812. von den Knechten des Hohenpriesters, der ein Verwandter dessen
  1813. war, dem Petrus das Ohr abgehauen hatte: Sah ich dich nicht in
  1814. dem Garten bei ihm? $27$ Da leugnete Petrus wieder; und
  1815. gleich darauf krähte der Hahn.
  1816.  
  1817. \18\
  1818. Verhör durch Pilatus.
  1819. #
  1820. Mt 27,2.11-26; Mk 15,1-15; Lk 23,1-5.13-25
  1821. #
  1822. $28$ Sie führen nun Jesus von Kaiphas in das Prätorium; es
  1823. war aber frühmorgens. Und sie gingen nicht hinein in das
  1824. Prätorium, damit sie sich nicht verunreinigten, sondern das
  1825. Passah essen könnten. $29$ Pilatus ging nun zu ihnen hinaus
  1826. und sprach: Welche Anklage bringt ihr gegen diesen Menschen vor?
  1827. $30$ Sie antworteten und sprachen zu ihm: Wenn dieser nicht
  1828. ein Übeltäter wäre, würden wir ihn dir nicht überliefert haben.
  1829. $31$ Da sprach Pilatus zu ihnen: Nehmt ihr ihn und richtet
  1830. ihn nach eurem Gesetz. Da sprachen die Juden zu ihm: Es ist uns
  1831. nicht erlaubt, jemanden zu töten; $32$ damit das Wort Jesu
  1832. erfüllt würde, das er sprach, um anzudeuten, welches Todes er
  1833. sterben sollte.
  1834.  
  1835. $33$ Pilatus ging nun wieder hinein in das Prätorium und rief
  1836. Jesus und sprach zu ihm: Bist du der König der Juden? $34$
  1837. Jesus antwortete: Sagst du dies von dir selbst, oder haben dir
  1838. andere von mir gesagt? $35$ Pilatus antwortete: Bin ich etwa
  1839. ein Jude? Deine Nation und die Hohenpriester haben dich mir
  1840. überliefert. Was hast du getan? $36$ Jesus antwortete: Mein
  1841. Reich ist nicht von dieser Welt; wenn mein Reich von dieser Welt
  1842. wäre, so hätten meine Diener gekämpft, damit ich den Juden nicht
  1843. überliefert würde, jetzt aber ist mein Reich nicht von hier.
  1844. $37$ Da sprach Pilatus zu ihm: Also, du bist ein König? Jesus
  1845. antwortete: Du sagst es, daβ ich ein König bin. Ich bin dazu
  1846. geboren und dazu in die Welt gekommen, daβ ich für die Wahrheit
  1847. Zeugnis gebe. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört meine
  1848. Stimme. $38$ Pilatus spricht zu ihm: Was ist Wahrheit? Und
  1849. als er dies gesagt hatte, ging er wieder zu den Juden hinaus und
  1850. spricht zu ihnen: Ich finde keinerlei Schuld an ihm; $39$ es
  1851. ist aber ein Brauch bei euch, daβ ich euch an dem Passah einen
  1852. losgebe. Wollt ihr nun, daβ ich euch den König der Juden
  1853. losgebe? $40$ Da schrien wieder alle und sagten: Nicht
  1854. diesen, sondern den Barabbas! Barabbas aber war ein Räuber.
  1855.  
  1856. \19\
  1857. Geiβelung und Verurteilung.
  1858. #
  1859. V. 1-5: Mt 27,26-31; Mk 15,15-20
  1860. #
  1861. $1$ Dann nahm nun Pilatus Jesus und lieβ ihn geiβeln. $2$
  1862. Und die Soldaten flochten eine Krone aus Dornen und setzten sie
  1863. auf sein Haupt und warfen ihm ein Purpurkleid um; $3$ und sie
  1864. kamen zu ihm und sagten: Sei gegrüβt, König der Juden! Und sie
  1865. gaben ihm Schläge [ins Gesicht]. $4$ Und Pilatus ging wieder
  1866. hinaus und spricht zu ihnen: Siehe, ich führe ihn zu euch
  1867. heraus, damit ihr wiβt, daβ ich keinerlei Schuld an ihm finde.
  1868. $5$ Jesus nun ging hinaus und trug die Dornenkrone und das
  1869. Purpurkleid. Und er spricht zu ihnen: Siehe, der Mensch! $6$
  1870. Als ihn nun die Hohenpriester und die Diener sahen, schrien sie
  1871. und sagten: Kreuzige, kreuzige ihn! Pilatus spricht zu ihnen:
  1872. Nehmt ihr ihn hin und kreuzigt ihn, denn ich finde keine Schuld
  1873. an ihm. $7$ Die Juden antworteten ihm: Wir haben ein Gesetz,
  1874. und nach dem Gesetz muβ er sterben, weil er sich selbst zu
  1875. Gottes Sohn gemacht hat. $8$ Als nun Pilatus dieses Wort
  1876. hörte, fürchtete er sich noch mehr; $9$ und er ging wieder
  1877. hinein in das Prätorium und spricht zu Jesus: Woher bist du?
  1878. Jesus aber gab ihm keine Antwort. $10$ Da spricht Pilatus zu
  1879. ihm: Redest du nicht mit mir? Weiβt du nicht, daβ ich Macht
  1880. habe, dich loszugeben, und Gewalt habe, dich zu kreuzigen?
  1881. $11$ Jesus antwortete: Du hättest keinerlei Macht über mich,
  1882. wenn sie dir nicht von oben gegeben wäre; darum hat der, welcher
  1883. mich dir überliefert hat, gröβere Sünde. $12$ Daraufhin
  1884. suchte Pilatus ihn loszugeben. Die Juden aber schrien und
  1885. sagten: Wenn du diesen losgibst, bist du des Kaisers Freund
  1886. nicht; jeder, der sich selbst zum König macht, widersetzt sich
  1887. dem Kaiser. $13$ Als nun Pilatus diese Worte hörte, führte er
  1888. Jesus hinaus und setzte sich auf den Richterstuhl an einen Ort,
  1889. genannt Steinpflaster, auf hebräisch aber Gabbatha. $14$ Es
  1890. war aber Rüsttag des Passah; es war um die sechste Stunde. Und
  1891. er spricht zu den Juden: Siehe, euer König! $15$ Sie aber
  1892. schrien: Weg, weg! kreuzige ihn! Pilatus spricht zu ihnen: Euren
  1893. König soll ich kreuzigen? Die Hohenpriester antworteten: Wir
  1894. haben keinen König auβer dem Kaiser. $16$ Dann nun lieferte
  1895. er ihn an sie aus, daβ er gekreuzigt würde. Sie aber nahmen
  1896. Jesus hin und führten ihn fort.
  1897.  
  1898. \19\
  1899. Golgatha: Kreuzigung.
  1900. #
  1901. Mt 27,32-44; Mk 15,21-32; Lk 23,26-43
  1902. #
  1903. $17$ Und er selbst trug sein Kreuz und ging hinaus nach der
  1904. Stätte, genannt Schädelstätte, die auf hebräisch Golgatha heiβt,
  1905. $18$ wo sie ihn kreuzigten, und zwei andere mit ihm, auf
  1906. dieser und auf jener Seite, Jesus aber in der Mitte. $19$
  1907. Pilatus schrieb aber auch eine Aufschrift und setzte sie auf das
  1908. Kreuz. Es war aber geschrieben: Jesus, der Nazoräer, der König
  1909. der Juden. $20$ Diese Aufschrift nun lasen viele von den
  1910. Juden, denn die Stätte, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nahe bei
  1911. der Stadt; und es war geschrieben auf hebräisch, griechisch
  1912. [und] lateinisch. $21$ Die Hohenpriester der Juden sagten nun
  1913. zu Pilatus: Schreibe nicht: Der König der Juden, sondern daβ
  1914. jener gesagt hat: Ich bin König der Juden. $22$ Pilatus
  1915. antwortete: Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben.
  1916.  
  1917. $23$ Die Soldaten nun nahmen, als sie Jesus gekreuzigt
  1918. hatten, seine Kleider - und machten vier Teile, einem jeden
  1919. Soldaten einen Teil - und das Unterkleid. Das Unterkleid aber
  1920. war ohne Naht, von oben an durchgewebt. $24$ Da sprachen sie
  1921. zueinander: Laβt es uns nicht zerreiβen, sondern darum losen,
  1922. wessen es sein soll; damit die Schrift erfüllt würde, die
  1923. spricht: `Sie haben meine Kleider unter sich verteilt, und über
  1924. mein Gewand haben sie das Los geworfen. Die Soldaten nun haben
  1925. dies getan.
  1926.  
  1927. $25$ Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und die
  1928. Schwester seiner Mutter, Maria, des Kleopas [Frau] und Maria
  1929. Magdalena. $26$ Als nun Jesus die Mutter sah und den Jünger,
  1930. den er liebte, dabeistehen, spricht er zu seiner Mutter: Frau,
  1931. siehe, dein Sohn! $27$ Dann spricht er zu dem Jünger: Siehe,
  1932. deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm der Jünger sie zu
  1933. sich.
  1934.  
  1935. \19\
  1936. Golgatha: Tod.
  1937. #
  1938. V. 28-30: Mt 27,45-50; Mk 15,33-37; Lk 23,44-46
  1939. #
  1940. $28$ Danach, da Jesus wuβte, daβ alles schon vollbracht war,
  1941. spricht er, damit die Schrift erfüllt würde: Mich dürstet!
  1942. $29$ Es stand nun dort ein Gefäβ voll Essig. Sie aber füllten
  1943. einen Schwamm mit Essig und legten ihn um einen Ysop und
  1944. brachten ihn an seinen Mund. $30$ Als nun Jesus den Essig
  1945. genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! Und er neigte das
  1946. Haupt und übergab den Geist.
  1947.  
  1948. $31$ Die Juden nun baten den Pilatus, damit die Leiber nicht
  1949. am Sabbat am Kreuz blieben, weil es Rüsttag war - denn der Tag
  1950. jenes Sabbats war groβ -, daβ ihre Beine gebrochen und sie
  1951. abgenommen werden möchten. $32$ Da kamen die Soldaten und
  1952. brachen die Beine des ersten und des anderen, der mit ihm
  1953. gekreuzigt war. $33$ Als sie aber zu Jesus kamen und sahen,
  1954. daβ er schon gestorben war, brachen sie ihm die Beine nicht,
  1955. $34$ sondern einer der Soldaten durchbohrte mit einem Speer
  1956. seine Seite, und sogleich kam Blut und Wasser heraus. $35$
  1957. Und der es gesehen hat, hat es bezeugt, und sein Zeugnis ist
  1958. wahr; und er weiβ, daβ er sagt, [was] wahr [ist], damit auch ihr
  1959. glaubt. $36$ Denn dies geschah, damit die Schrift erfüllt
  1960. würde: `Kein Bein von ihm wird zerbrochen werden. $37$ Und
  1961. wieder sagt eine andere Schrift: `Sie werden den anschauen, den
  1962. sie durchstochen haben.
  1963.  
  1964. \19\
  1965. Grablegung.
  1966. #
  1967. Mt 27,57-61; Mk 15,42-47; Lk 23,50-56
  1968. #
  1969. $38$ Danach aber bat Joseph von Arimathäa, der ein Jünger
  1970. Jesu war, aber ein geheimer, aus Furcht vor den Juden, den
  1971. Pilatus, daβ er den Leib Jesu abnehmen dürfe. Und Pilatus
  1972. erlaubte es. Er kam nun und nahm den Leib Jesu ab. $39$ Es
  1973. kam aber auch Nikodemus, der zuerst bei Nacht zu Jesus gekommen
  1974. war, und brachte eine Mischung von Myrrhe und Aloe, ungefähr
  1975. hundert Pfund. $40$ Sie nahmen nun den Leib Jesu und
  1976. wickelten ihn in Leinentücher mit den wohlriechenden Ölen, wie
  1977. es bei den Juden zu bestatten Sitte ist. $41$ Es war aber an
  1978. dem Ort, wo er gekreuzigt wurde, ein Garten und in dem Garten
  1979. eine neue Gruft, in die noch nie jemand gelegt worden war.
  1980. $42$ Dorthin nun legten sie Jesus, wegen des Rüsttags der
  1981. Juden, weil die Gruft nahe war. 
  1982.  
  1983. \20\
  1984. Das leere Grab des Auferstandenen 
  1985. #
  1986. Mt 28,1-10; Mk 16,1-11; Lk 24,1-12
  1987. #
  1988. $1$ An dem ersten Wochentag aber kommt Maria Magdalena früh,
  1989. als es noch finster war, zur Gruft und sieht den Stein von der
  1990. Gruft weggenommen. $2$ Sie läuft nun und kommt zu Simon
  1991. Petrus und zu dem anderen Jünger, den Jesus lieb hatte, und
  1992. spricht zu ihnen: Sie haben den Herrn aus der Gruft weggenommen,
  1993. und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben. $3$ Da ging
  1994. Petrus hinaus und der andere Jünger, und sie gingen zu der
  1995. Gruft. $4$ Die beiden aber liefen zusammen, und der andere
  1996. Jünger lief voraus, schneller als Petrus, und kam zuerst zu der
  1997. Gruft; $5$ und als er sich vornüberbückt, sieht er die
  1998. Leinentücher daliegen; doch ging er nicht hinein. $6$ Da
  1999. kommt Simon Petrus, der ihm folgte, und ging hinein in die Gruft
  2000. und sieht die Leinentücher daliegen $7$ und das Schweiβtuch,
  2001. das auf seinem Haupt war, nicht zwischen den Leinentüchern
  2002. liegen, sondern für sich zusammengewickelt an einem [besonderen]
  2003. Ort. $8$ Da ging nun auch der andere Jünger hinein, der
  2004. zuerst zu der Gruft kam, und er sah und glaubte. $9$ Denn sie
  2005. verstanden die Schrift noch nicht, daβ er aus den Toten
  2006. auferstehen muβte. $10$ Da gingen nun die Jünger wieder heim.
  2007.  
  2008. \20\
  2009. Erscheinung des Auferstandenen vor Maria Magdalena.
  2010.  
  2011. $11$ Maria aber stand drauβen bei der Gruft und weinte. Als
  2012. sie nun weinte, bückte sie sich vornüber in die Gruft $12$
  2013. und sieht zwei Engel in weiβen [Kleidern] dasitzen, einen bei
  2014. dem Haupt und einen bei den Füβen, wo der Leib Jesu gelegen
  2015. hatte. $13$ Und jene sagen zu ihr: Frau, was weinst du? Sie
  2016. spricht zu ihnen: Weil sie meinen Herrn weggenommen und ich
  2017. nicht weiβ, wo sie ihn hingelegt haben. $14$ Als sie dies
  2018. gesagt hatte, wandte sie sich zurück und sieht Jesus dastehen;
  2019. und sie wuβte nicht, daβ es Jesus war. $15$ Jesus spricht zu
  2020. ihr: Frau, was weinst du? Wen suchst du? Sie, in der Meinung, es
  2021. sei der Gärtner, spricht zu ihm: Herr, wenn du ihn weggetragen,
  2022. so sage mir, wo du ihn hingelegt hast, und ich werde ihn
  2023. wegholen. $16$ Jesus spricht zu ihr: Maria! Sie wendet sich
  2024. um und spricht zu ihm auf hebräisch: Rabbuni! das heiβt Lehrer.
  2025. $17$ Jesus spricht zu ihr: Rühre mich nicht an, denn ich bin
  2026. noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern
  2027. und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem
  2028. Vater und zu meinem Gott und eurem Gott. $18$ Maria Magdalena
  2029. kommt und verkündet den Jüngern, daβ sie den Herrn gesehen und
  2030. er dies zu ihr gesagt habe.
  2031.  
  2032. \20\
  2033. Erscheinung des Auferstandenen vor den Jüngern.
  2034.  
  2035. $19$ Als es nun Abend war an jenem Tag, dem ersten der Woche,
  2036. und die Türen, wo die Jünger waren, aus Furcht vor den Juden
  2037. verschlossen waren, kam Jesus und trat in die Mitte und spricht
  2038. zu ihnen: Friede euch! $20$ Und als er dies gesagt hatte,
  2039. zeigte er ihnen die Hände und die Seite. Da freuten sich die
  2040. Jünger, als sie den Herrn sahen. $21$ Jesus sprach nun wieder
  2041. zu ihnen: Friede euch! Wie der Vater mich ausgesandt hat, sende
  2042. ich auch euch. $22$ Und als er dies gesagt hatte, hauchte er
  2043. sie an und spricht zu ihnen: Empfangt Heiligen Geist! $23$
  2044. Wenn ihr jemandem die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben,
  2045. wenn ihr sie jemandem behaltet, sind sie [ihm] behalten.
  2046.  
  2047. $24$ Thomas aber, einer von den Zwölfen, genannt Zwilling,
  2048. war nicht bei ihnen, als Jesus kam. $25$ Da sagten die
  2049. anderen Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber
  2050. sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen das Mal der
  2051. Nägel sehe und meine Finger in das Mal der Nägel lege und lege
  2052. meine Hand in seine Seite, so werde ich nicht glauben. $26$
  2053. Und nach acht Tagen waren seine Jünger wieder drinnen und Thomas
  2054. bei ihnen. [Da] kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren,
  2055. und trat in die Mitte und sprach: Friede euch! $27$ Dann
  2056. spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine
  2057. Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite,
  2058. und sei nicht ungläubig, sondern gläubig. $28$ Thomas
  2059. antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! $29$
  2060. Jesus spricht zu ihm: Weil du mich gesehen hast, hast du
  2061. geglaubt. Glückselig [sind], die nicht gesehen und [doch]
  2062. geglaubt haben!
  2063.  
  2064. \20\
  2065. Zweck dieses Buches.
  2066.  
  2067. $30$ Auch viele andere Zeichen hat nun zwar Jesus vor den
  2068. Jüngern getan, die nicht in diesem Buch geschrieben sind.
  2069. $31$ Diese aber sind geschrieben, damit ihr glaubt, daβ Jesus
  2070. der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den
  2071. Glauben Leben habt in seinem Namen.
  2072.  
  2073. \21\
  2074. Erscheinung des Auferstandenen vor den Jüngern am See Tiberias.
  2075.  
  2076. $1$ Nach diesem offenbarte Jesus sich wieder den Jüngern am
  2077. See von Tiberias. Er offenbarte sich aber so: $2$ Simon
  2078. Petrus und Thomas, genannt Zwilling, und Nathanael, der von Kana
  2079. in Galiläa war, und die [Söhne] des Zebedäus und zwei andere von
  2080. seinen Jüngern waren zusammen. Simon Petrus spricht zu ihnen:
  2081. $3$ Ich gehe hin fischen. Sie sprechen zu ihm: Auch wir gehen
  2082. mit dir. Sie gingen hinaus und stiegen in das Schiff; und in
  2083. jener Nacht fingen sie nichts. $4$ Als aber schon der frühe
  2084. Morgen anbrach, stand Jesus am Ufer; doch wuβten die Jünger
  2085. nicht, daβ es Jesus war. $5$ Jesus spricht nun zu ihnen:
  2086. Kinder, habt ihr wohl etwas zu essen? Sie antworteten ihm: Nein.
  2087. $6$ Er aber sprach zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten
  2088. Seite des Schiffes aus, und ihr werdet finden. Da warfen sie es
  2089. aus und konnten es vor der Menge der Fische nicht mehr ziehen.
  2090. $7$ Da sagt jener Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist
  2091. der Herr. Simon Petrus nun, als er hörte, daβ es der Herr sei,
  2092. gürtete das Oberkleid um - denn er war nackt - und warf sich in
  2093. den See. $8$ Die anderen Jünger aber kamen in dem Boot - denn
  2094. sie waren nicht weit vom Land, sondern etwa zweihundert Ellen -
  2095. und zogen das Netz mit den Fischen nach. $9$ Als sie nun ans
  2096. Land ausstiegen, sehen sie ein Kohlenfeuer liegen und Fisch
  2097. daraufliegen und Brot. $10$ Jesus spricht zu ihnen: Bringt
  2098. her von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt. $11$ Da
  2099. ging Simon Petrus hinauf und zog das Netz voll groβer Fische,
  2100. hundertdreiundfünfzig, auf das Land; und obwohl es so viele
  2101. waren, zerriβ das Netz nicht. $12$ Jesus spricht zu ihnen:
  2102. Kommt her, frühstückt! Keiner aber von den Jüngern wagte ihn zu
  2103. fragen: Wer bist du? Denn sie wuβten, daβ es der Herr war.
  2104. $13$ Jesus kommt und nimmt das Brot und gibt es ihnen, und
  2105. ebenso den Fisch. $14$ Dies ist schon das dritte Mal, daβ
  2106. Jesus sich den Jüngern offenbarte, nachdem er aus den Toten
  2107. auferweckt war.
  2108.  
  2109. \21\
  2110. Gespräch mit Petrus.
  2111.  
  2112. $15$ Als sie nun gefrühstückt hatten, spricht Jesus zu Simon
  2113. Petrus: Simon, [Sohn] des Johannes, liebst du mich mehr als
  2114. diese? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weiβt, daβ ich dich lieb
  2115. habe. Spricht er zu ihm: Weide meine Lämmer! $16$ Wiederum
  2116. spricht er zum zweiten Mal zu ihm: Simon, [Sohn] des Johannes,
  2117. liebst du mich? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weiβt, daβ ich
  2118. dich lieb habe. Spricht er zu ihm: Hüte meine Schafe! $17$ Er
  2119. spricht zum dritten Mal zu ihm: Simon, [Sohn] des Johannes, hast
  2120. du mich lieb? Petrus wurde traurig, daβ er zum dritten Mal zu
  2121. ihm sagte: Hast du mich lieb? und sprach zu ihm: Herr, du weiβt
  2122. alles; du erkennst, daβ ich dich lieb habe. Jesus spricht zu
  2123. ihm: Weide meine Schafe! $18$ Wahrlich, wahrlich, ich sage
  2124. dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und gingst,
  2125. wohin du wolltest; wenn du aber alt geworden bist, wirst du
  2126. deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und
  2127. hinbringen, wohin du nicht willst. $19$ Dies aber sagte er,
  2128. um anzudeuten, mit welchem Tod er Gott verherrlichen sollte. Und
  2129. als er dies gesagt hatte, spricht er zu ihm: Folge mir nach!
  2130. $20$ Petrus wandte sich um und sieht den Jünger nachfolgen,
  2131. den Jesus liebte, der sich auch bei dem Abendessen an seine
  2132. Brust gelehnt und gesagt hatte: Herr, wer ist es, der dich
  2133. überliefert? $21$ Als nun Petrus diesen sah, spricht er zu
  2134. Jesus: Herr, was [soll] aber dieser? $22$ Jesus spricht zu
  2135. ihm: Wenn ich will, daβ er bleibe, bis ich komme, was geht es
  2136. dich an? Folge du mir nach! $23$ Es ging nun dieses Wort
  2137. unter die Brüder aus: Jener Jünger stirbt nicht. Aber Jesus
  2138. sprach nicht zu ihm, daβ er nicht sterbe, sondern: Wenn ich
  2139. will, daβ er bleibe, bis ich komme, was geht es dich an?
  2140.  
  2141. \21\
  2142. Schluβwort.
  2143.  
  2144. $24$ Das ist der Jünger, der von diesen Dingen zeugt und der
  2145. dies geschrieben hat; und wir wissen, daβ sein Zeugnis wahr ist.
  2146. $25$ Es gibt aber auch viele andere Dinge, die Jesus getan
  2147. hat, und wenn diese alle einzeln niedergeschrieben würden, so
  2148. würde, scheint mir, selbst die Welt die geschriebenen Bücher
  2149. nicht fassen.
  2150.